Sie sind hier:   Von der Stauferzeit bis zur Mitte des 14. Jh. > Tafelgüterverzeichnis

Ein Tafelgüterverzeichnis aus salischer oder staufischer Zeit


Autor: Hartmut Geißler

nach: Peter Classen, Wolfgang Metz und Brühl (1968)

Edition: https://www.dmgh.de/mgh_const_1/index.htm#page/646/mode/1up, S. 646-649


Dieses bekannte, aber in vielen Einzelheiten umstrittene Tafelgüterverzeichnis war ein Verzeichnis der Leistungen (Servitien) von Gütern des "römischen Königs". Es soll in der zweiten Hälfte des 11. oder im 12. Jahrhundert entstanden sein und führt u. a. die rheinfränkischen Besitzungen des Königs mit ihren Leistungspflichten auf, möglicherweise als Belastungsobergrenzen.

Es wurde in einem Codex des Klosters Kornelimünster bei Aachen gefunden und wird in der Universität Bonn aufbewahrt.

Sein erster Satz lautet: "Iste sunt curie que pertinent ad mensam regis Romani" - Folgendes sind die Güter, die zur Versorgung des römischen Königs dienen (also die sog. "Tafelgüter").

Ein "Servitium" (= Dienst für den König) umfasste normalerweise die Lieferung von...

- 40 Schweinen
-   7 Ferkeln
- 50 Hühner
- 05 Kühen
- 500 Eiern
- 10 Gänsen
- 05 Pfund Pfeffer
- 90 Käsen
- 10 Pfund Wachs
- 04 großen Fudern Wein 

Getreide wurde gesondert abgerechnet.

Ob die Abgaben zu jener Zeit noch als Naturalleistungen erfasst wurden oder schon, wie im damaligen Italien sicher, schon als Geldleistungen, ist umstritten. Aus ihnen mussten auch die laufenden Kosten des Königsgutes bezahlt werden, in Ingelheim wahrscheinlich auch die Kosten des Umbaus der Pfalz zu einer Burganlage sowie zu deren Unterhaltung.

Also wurden wahrscheinlich diese Kosten von den Leistungspflichten abgezogen und nur der Rest an die königliche Verwaltung geliefert/gezahlt.

Die Königsgüter in "Franken" am Rhein sind darin mit folgenden Servitien verzeichnet:

- Tiel (Niederlande im Gelderland) mit 2 Servitien
- Nymwegen mit 8
- Aachen mit 8
- Conzen mit 2
- Remagen mit 2
- Sinzig mit 2
- Hammerstein mit 2 (eine Burg am Mittelrhein zur Aufbewahrung der Reichskleinodien)
- Andernach mit 2
- Boppard mit 3
- Ingelheim mit 3
- Kaiserslautern mit 8
- Briey (nordwestlich von Metz) mit 8
- Diedenhofen mit 3
- Flörchingen (bei Metz) mit 7
- Zolwer (bei Esch, Luxemburg) mit 7
- Sierck mit 7
- Haßloch mit 1
- Nierstein mit 1
- Tribur mit 4
- Frankfurt mit 3 Servitien

Ingelheim liegt mit drei Servitien etwa in der Mitte, gleichauf mit Frankfurt, während die Königshöfe von Nymwegen, Aachen, Kaiserslautern, Briey, Flörchingen, Zolwer und Sierck mit 8 bzw. 7 Servitien mehr als doppelt so hohe Leistungen zu erbringen hatten.

Nach den Schätzungen von Metz (S. 14) lassen drei Servitien auf etwa 90 bis 120 Hufen (Bauern-Höfe) auf dem Land des Ingelheimer Königsgutes schließen, die in staufischer Zeit Abgaben für die "Mensa", die Tafel des Königs leisten mussten. In natura vor allem dann, wenn der König sich in der Region aufhielt und die Leistungen zu seiner Versorung beansprucht wurden. Dies galt mit großer Sicherheit auch für das große Pfingstfest Barbarossas in bzw. gegenüber von Mainz 1184, dessen auch kulinarische Pracht allseits bewundert wurde.

Classen bezweifelt, ob sich die Theorie dieser Aufstellung immer mit der Realität der Praxis gedeckt hat, was z. B. die Käseherstellung in Ingelheim angehe. Doch war die Milchviehhaltung auch im Ingelheimer Raum früher etwas ganz Normales, so dass auch hier Käse- oder Quarkherstellung durchaus denkbar ist, während es heute keinerlei Milchkühe mehr in Ingelheim gibt.

Gleichwohl zeigt die Erwähnung Ingelheims in dieser Liste die fortdauernde Bedeutung des hiesigen Königsgutes für die salischen und staufischen Könige, auch wenn sie die Palastanlagen der ehemaligen Pfalz nicht mehr für Reichstreffen oder -feste benutzten.


Gs, erstmals: 20.03.06; Stand: 27.12.21