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Der Propst wird zum kaiserlichen Elemosinarius/Almosinier ernannt

 

Autor: Hartmut Geißler

auf der Basis von: Würdtwein, Mon. Palat. II, Nr. XLVIII., S. 187 ff

Am 23. Februar 1357 wurde in Mainz eine Urkunde Karls IV. ausgefertigt, unterschrieben von mehreren hochrangigen Adligen, an deren erster Stelle der Erzbischof von Mainz, Gerlach von Nassau.

Darin wurde der Propst des drei Jahre zuvor gestifteten Ingelheimer Augustiner-Chorherrenstiftes, Mauritius, (und alle seine Nachfolger) zu einem kaiserlichen Almosinier ernannt. Dies war ein Hofamt, dessen Inhaber nach kirchlichem Vorbild ursprünglich für Karitatives und Almosenwesen zuständig war, zugleich aber der Verwalter der königlichen Einkünfte. Letzteres ist wahrscheinlich hier gemeint.

In der Urkunde werden die Pflichten und Rechte des Almosiniers festgelegt:

1. Pflichten: täglich in Amtskleidung (Chorrock, bunte Mithra, Abtsstab) den Dienst zu leisten: „Cottidie ante mensam Imperialem, in superpellicio, et mitra varia, et Cum Baculo, tanquam officiati incedentes, Elemosinarii officium fideliter exequamini et sollerter“, also tägliche Anwesenheitspflicht mit offiziellem Auftreten "vor dem Kaiser-Gut" und mit sorgfältiger Pflichterfüllung; was mit "ante" gemeint war, ist nicht ersichtlich. "Ante" konnte durchaus auch einen Vorrang ausdrücken, nicht nur zeitliche Abfolgen. "Mensa" ist das königlich-kaiserliche "Tafel"-Gut.

2. Rechte: zwei Diener mit drei Pferden; Lebensmittel und Unterhalt durch die Beamten des kaiserlichen Hofes ("Curia Imperialis" - wo amtierten sie? Auch im Saal?), wohlwollende Unterstützung durch diese Beamten; außerdem zwei Kleriker als Diener, die auch an anderen Altären dienen dürfen. In welchem Verhältnis seine zwei Kleriker zu den in der Ernennungsurkunde erwähnten vier Geistlichen stehen sollten, wird hieraus nicht klar.

3. Rechtliche Gleichstellung mit den anderen kaiserlichen Bediensteten

Karl rühmt sich außerdem, die von Karl dem Großen einst gegründete Kirche, die sehr baufällig („collapsam“) geworden sei, wieder ordentlich („condecentem“) restauriert/renoviert zu haben („restaurare curavimus“). Er kann damit eigentlich nur die heutige Saalkirche gemeint haben, von der man im 14. Jahrhundert nicht mehr wusste, dass sie erst Ende 11./Anfang 12. Jh. gebaut wurde.

Mit „Aula imperialis“ ist hier im Unterschied zur Gründungsurkunde (!) mehrfach der "kaiserliche Hof“ gemeint, nicht der Ingelheimer Saal. Auch nicht nur das Gebäude der erst seit den 1960er Jahren so genannten "Aula regia". Entsprechend wurde mit „Curia imperialis“ der "kaiserliche Gutshof“, der Meierhof, dem alle Königsgüter in Ingelheim unterstellt waren, bezeichnet. Dieser sollte die Chorherren unterstützen. Wahrscheinlich wusste damals niemand mehr, wie die Pfalz Karls des Großen eigentlich ausgesehen hatte, die schon Jahrhunderte zuvor verfallen, umgebaut und überbaut worden war. Man vergleiche damit die Abbildungen Sebastian Münster. Gemeint sein könnte damit auch nur der Westbereich des Saals, der bis ins 20. Jahrhundert für den Bereich der karolingischen Pfalz gehalten wurde.

Diese Ernennung und Funktionsbeschreibung erfolgte erst über drei Jahre nach der Stiftung selbst. Das könnte bedeuten, dass die Bereitstellung bzw. Renovierung von Räumen zu diesem Zweck so lange gedauert hat und dass das Stift seine Arbeit erst danach allmählich aufnehmen konnte. Oder musste diese gut dotierte Stelle erst geschaffen werden, um in Prag Interessenten dafür zu gewinnen? Denn im dörflichen Nieder-Ingelheim war man sehr weit entfernt vom "goldenen Prag" jener Zeit.

 

Gs, erstmals: 15.08.14; Stand: 27.12.21