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Zur Geschichte des Ingelheimer Nachbarortes Schwabenheim

 

Autor: Hartmut Geißler


1. Vorbemerkung

Der Ort Schwabenheim an der Selz gehört heute zwar nicht zur Stadt Ingelheim, sondern zur Verbandsgemeinde Gau-Algesheim. Er war aber über Jahrhunderte durch eine gemeinsame Geschichte des Ingelheimer Reiches bzw. Grundes mit den heutigen Ingelheimer Orten eng verbunden.

Außerdem besuchen die Ingelheimer das benachbarte Schwabenheim (den nächsten Ort an der Selz oberhalb von Großwinternheim) wegen seiner guten Gastronomie und des guten Weines sehr gern.

Daher sollen auf dieser Webseite auch einige historische Streiflichter aus Schwabenheim aufgeführt werden.

Auf der offiziellen Webseite der Ortsgemeinde Schwabenheim findet man einen Abriss der Ortsgeschichte aus der Feder von Gottfried Braun, dem langjährigen Mitglied des Hist. Vereins Ingelheim.

http://www.schwabenheim.com/tourismus/geschichte.html


2. Die Aufnahme Schwabenheims in das Ingelheimer Pfandgebiet

Damit hat sich im 19. Jahrhundert der Rechtshistoriker Hugo Lörsch befasst in seinem epochalen Werk über den Ingelheimer Oberhof.

Über Schwabenheim schrieb er auf den Seiten LV bis LVII:

Eigentümlich hat sich das Verhältnis des achten Ortes des Grundes, Sauerschwabenheim, entwickelt. Dieses Reichsdorf, ein altes Königsgut, in welchem die Abtei von St. Maximin begütert war und die Vogteirechte übte, ist auch durch Karl IV verpfändet worden – an wen und wann ergeben die bis jetzt bekannten Urkunden nicht.

Im Jahre 1414 gestattete König Sigismund dem Pfalzgrafen Ludwig III das Dorf einzulösen und damit die Pfandschaft Oppenheim zu vergrössern. Die Einlösung muss auch um diese Zeit erfolgt sein, denn schon im vorhergehenden Jahre hatte Ludwig mit der Gemeinde Sauerschwabenheim einen Vertrag abgeschlossen, wodurch er sich zugleich mit den ihm vom Reiche verpfändeten Orten für die Dauer der Pfandschaft "in seinen Schirm und Verantworten" aufnahm.

Dagegen verpflichtete sich die Gemeinde, ihm mit 20 Gulden jährlich "zu dienen", dem pfalzgräflichen Aufgebot sechs Gewappnete zuzuführen, wenn die beiden Ingelheim und Winternheim deren hundert stellen würden, und so nach Verhältniss, einen Eid zu leisten wie jene Orte und den vom Pfalzgrafen gesetzten Schultheissen anzunehmen.

Dieser Vertrag hat bereits eine nähere Verbindung zwischen Sauerschwabenheim und den übrigen Orten des Grundes herbeigeführt, welche auch darin ihren Ausdruck fand, dass die Schultheissen und Schöffen des Gerichts zu Ingelheim ersucht wurden, ihr Siegel an die Urkunde zu hängen.

Von da an hat das Gericht von Schwabenheim vor ihm vollzogene Geschäfte mehrfach zu Ingelheim verlautbart und in das grosse Copiar (bei der Bombardierung Darmstadts 1944 verbrannt; Gs) des Gerichts des Reiches aufnehmen lassen, sein Schultheiss mit der Gemeinde dem ungebotenen Ding des Reiches beigewohnt und in demselben Rügen vorgebracht.

Erst am 26. Dezember 1443 ist jedoch der Ort durch einen förmlichen Beschluss der Vertretung des Reiches in dasselbe aufgenommen worden mit Zustimmung des Pfandherrn und unter Feststellung des Maassstabes seines Beitrags zu den gemeinsamen Lasten...

Kommentierte Abschrift der Beitrittsurkunde

Seit dieser Zeit war Schwabenheim ein integraler Bestandteil des kurpfälzischen "Ingelheimer Grundes", der bis zur französischen Zeit um 1800 bestand. Aber auch danach war es bis 1835 Bestandteil des "Cantons Ober-Ingelheim".


3. Die Zerstörung des Ortes 1796

An historischer Bausubstanz ist in Schwabenheim kaum noch etwas erhalten, weil am 28. September 1796 fast der gesamte Ort von den Franzosen als Repressalie wegen der Ermordung eines französischen Soldaten niedergebrannt wurde, ein Schicksal, das Großwinternheim erspart blieb.

Die furchtbare Folge dieser Brandschatzung waren 8 getötete Bürger, darunter 2 Kinder, 97 zerstörte Häuser, 84 abgebrannte Scheunen und 99 Stallungen. Verschont blieben die 2 Kirchen und die Propstei, beschädigt, aber nicht abgebrannt die 34 Häuser und 6 Ställe in Pfaffenhofen.

(Gottfried Braun auf der Webseite der Gemeinde zur Geschichte des Ortes).


4. Der Name des Ortes

Andreas Saalwächter, der große Lokalhistoriker für Ingelheim und den Ingelheimer Grund, Ehrenbürger der Stadt, veröffentlichte im Rheinhessischen Beobachter vom 18. Juli 1920 einen kleinen Artikel zum Namen des Ortes, überschrieben mit "Der Ortsname Sauer-Schwabenheim":

Die im Jahre 1904 auf Antrag erfolgte Umtaufe des alten Namens Sauer-Schwabenheim in Schwabenheim an der Selz ist streng genommen keine befriedigende Lösung. Während die Postbehörde Schwabenheim (Kreis Bingen) vorzog, kann der konservative Sinn der Umwohner sich vom alten Namen nicht trennen, höchstens wird schalkhaft Sauer-Schwabenheim an der Selz gesprochen.

Weit entfernt, zu dieser rein örtlichen Frage Stellung zu nehmen, wollte ich nur zeigen, dass bereits im 18. Jahrhundert der Ortsnamen umgeformt wurde. Aus Sauer-Schwabenheim wurde damals Sauber-Schwabenheim. Der pfälzische Schriftsteller Wundt teilt darüber in seiner Topographie des Oberamts Oppenheim", Heidelberg 1791, S. 104, folgende mit:

"Die Einwohner halten den Namen Sauer-Schwabenheim für einen Unnamen, der dem Orte nur von den benachbarten beigelegt werde, um der geringen Beschaffenheit ihres Weines damit zu spotten; sie schreiben daher Sauber-Schwabenheim und behaupten, daß das Dorf diesen Namen führe, von der (!) kleinen, dadurch fließenden Bache, die eigentlich die Sauber genannt werde und sein ächter Name sei also Schwabenheim an der Sauber, zum Unterschiede von Pfaffen-Schwabenheim an der Appel."

Eine Anmerkung Wundts besagt: "In allen pfälzischen Ortsverzeichnissen, und selbst auf den Tabellen stehet daher Sauber-Schwabenheim."

Ich wünsche nur, daß die Weinpreise (in der damaligen Inflationszeit! Gs) es jedem Leser bald gestatten möchten, sich zu überzeugen, daß der ominöse Vorname auf den in Schwabenheim an der Selz wachsenden rassigen Wein keinen Bezug haben kann.

Erwähnen will ich noch, daß sich das rheinhessische Jugenheim noch 1754 Gau-Jugenheim nannte und das benachbarte Engelstadt ehemals Engelstadt auf dem Gau hieß.

 

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Gs, erstmals 20.07.16; Stand: 05.11.20