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Der "Volkslehrer" Anton Grooß

Seine Persönlichkeiot und ausgewählte Zitate aus seinen Lebenserinnerungen


Autor: Hartmut Geißler
unter Benutzung von:
Schwerdtfeger, Erich (Hg., † 2019): Die Schulmeister, die gedrücktesten aller Menschen in deutschen Landen. Lebenserinnerungen des Lehrers Anton Grooß (1813-1899). Bochum 1997

1. Das Leben und Werk von Anton Grooß

Anton Grooß, der „Volkslehrer“, wie es auf seinem Grabstein (siehe unten) heißt, wurde am 24. Februar 1813 in Oppershofen in der Wetterau geboren und starb am 7. Juni 1899 in Mainz. Er stammte aus einer katholischen Lehrer-Familie, die über mehrere Generationen zurück reichte.

Mit 16 Jahren besuchte er das katholische Lehrerseminar in Bensheim. Nach bestandener Abschlussprüfung war er als schlecht bezahlter Hilfslehrer an sechs hessischen Volksschulen tätig, darunter in Nordheim und Abenheim (bei Worms), in Darmstadt und in Dromersheim (bei Bingen), ehe er auf Betreiben seines Vaters 1838 in Ockstadt bei Friedberg eine erste volle Lehrerstelle bekam.

Von Ockstadt wurde er 1861 auf eigenen Wunsch an die katholische Volksschule in Nieder-Ingelheim versetzt, wo er über zwei Jahrzehnte (1861-1883) unterrichtete. Über seine Motive, sich nach Nieder-Ingelheim versetzen zu lassen, erfahren wir in der Auswahl der gedruckten Edition nichts Genaues, sondern nur die sibyllinischen Sätze: „Das Unvollkommene liegt hinter Dir, dem Besseren, Vollkommeneren strebe unbeirrt zu. Wenn du am Wege sinkst, eine unabsehbare Reihe kommt nach dir, die am Werke rüstig weiter arbeiten.“ -

Vielleicht suchte er das linksliberale und revolutionäre Klima Ingelheims und überhaupt des linksrheinischen Hessens, ein Ruf, den man seit der französischen Zeit und der Revolution von 1848 mit Rheinhessen und speziell mit Ober-Ingelheim verband.

Sein Unterricht wurde mehrfach von dem zuständigen Bischof Wilhelm von Ketteler visitiert, der 1850 Bischof in Mainz geworden war. Auf der Seite 170 berichtet er über eine Unterredung mit ihm, die sich mit der Frage befasste, wie Gottesdienste und Gebete für Kinder gestaltet sein müssten.

Verheiratet war Anton Grooß seit 1839 mit Eva Kipp (1818-1876), einer Tochter des Bürgermeisters von Ockstadt. Auch diese Ehe wurde durch den Vater vermittelt. Das Ehepaar bekam sieben Kinder, von denen fünf die Kindheitsjahre überlebten. Der 1841 geborene (einzige) Sohn August konnte studieren und wurde Direktor der Hessischen Ludwigs-Eisenbahn. Nach Evas Tod führte die Tochter Franziska den Haushalt von Anton Grooß.

Zwischen 1859 und 1866 publizierte er mehrere kleinere geologische Arbeiten im „Notizblatt des Vereins für Erdkunde ... zu Darmstadt“. Sein Buch „Einführung in die Geologie des Mainzer Beckens“ wurde anläßlich seines 100. Geburtstages im Verlag Westermann veröffentlicht: Die Rheinlande in naturwissenschaftlichen und geographischen Einzeldarstellungen, hg. von C. Mordziol, Nr. 4, 1913.

Für seine geologischen Arbeiten wurde Grooß mehrfach ausgezeichnet: 1853 ernannte ihn die Wetterauische Gesellschaft für die gesamte Naturkunde zu einem außerordentlichen Mitglied, und 1881 wurde er von der Rheinischen Naturforschenden Gesellschaft in Mainz zum Ehrenmitglied ernannt. 1895 erhielt eine in den Kalksteinbrüchen bei Oppenheim aufgefundene versteinerte Rieseneiche seinen Namen.

Nach seiner Pensionierung im Jahr 1883 (als Siebzigjähriger!) musste oder wollte Grooß seine Ingelheimer Lehrerwohnung bei der Remigiuskirche aufgeben und zog nach Mainz. Dort hielt er mehrfach Vorträge im Lehrerverein und im Alpenverein. Auch seine Lebenserinnerungen (mehr als 1000 handschriftliche Seiten!) schrieb er dort in den Jahren 1888 bis 1891 nieder, also im Alter von 75 bis 78 Jahren.

Da muss man sich als kritischer Historiker natürlich fragen, ob er sich wirklich an alle Begebenheiten, die er aus seinem langen Leben erzählt, so genau erinnern konnte, wie es den Anschein hat. Aus dem Jahr 1895 sind außerdem Aufzeichnungen erhalten, die sich mit Fragen der Ethik und Erziehung, der Religion und Politik beschäftigen.

In Mainz ist er auch gestorben, wurde aber im Grab seiner Ehefrau Eva in Nieder-Ingelheim an der Südmauer beerdigt. Deshalb wurde zusätzlich zu ihrer Grabplatte ein neues Grabmal in Form einer Schriftrolle angefertigt (siehe unten).

Aus seinem umfangreichen Nachlass entstand im Jahre 1997 eine „Dortmunder Arbeit zur Schulgeschichte und zur historischen Didaktik“. Ein Ururenkel von Grooß, Reinhard Rullmann, machte den Historischen Verein 2019 dankenswerterweise auf dieses Werk aufmerksam. Auf dieser Auswahl-Edition seiner Lebenserinnerungen beruht der Text dieser Webseite.

 

2. Zu seiner Persönlichkeit

Der als Erwachsener freireligiös gewordene Lehrer und Organist Anton Grooß, von seinem Vater für diesen Beruf bestimmt, musste sich ein ganzes Berufsleben lang um seiner Existenz und seiner großen Familie willen mit religiösen Vorstellungen identifizieren und sie an katholischen Schulen unterrichten, obwohl er sie aus logischen und sittlichen Gründen innerlich ablehnte. Seine Lebenserinnerungen sind deshalb für ihn auch Darstellung und Deutung dieses seelischen Konflikts.

„Meine Lebensgeschichte ist vielfach eine Leidensgeschichte und, gestehe ich es doch gleich, vielfach aus eigener Schuld oder vielmehr meinen Naturanlagen, teilweise auch meiner Erziehung und den Lebensumständen, in die ich versetzt wurde. Ich bin durch die Bestimmung meines Vaters Volksschullehrer geworden, und so gerne ich lehrte und heute noch lehre, ich taugte nicht - unter den gegebenen Verhältnissen - zu diesem Amte, in dem ich heucheln und die Wahrheit, die ich geben wollte, unterdrücken mußte. Nicht alle Menschen werden das geistige Leid mitempfinden können, das mich niederdrückte.“ (S. 14)

Anton Grooß war ein sehr selbstbewusster, belesener, an der Zeitgeschichte und den Wissenschaften interessierter Mann. Obwohl er nie ein Gymnasium oder eine Universität besuchen konnte, erarbeitete er sich eine wissenschaftliche „Weltanschauung“, deren Begründungszusammenhänge und Entstehungsgeschichte an zahlreichen Stellen der Autobiographie zur Sprache kommen.

Folgende vier Grundtendenzen seines Weltbildes lassen sich nach Erich Schwerdtfeger, dem Herausgeber der Edition, in seiner nachgelassenen Lebensgeschichte erkennen: 1. eine antiklerikale Tendenz, 2. eine wissenschaftliche Tendenz, 3. eine ethisch-pädagogische Tendenz und 4. eine radikal-demokratische Tendenz. Kritik an Heuchelei und den vielfältigen Formen traditioneller und neu entstandener (kapitalistischer) Ungerechtigkeiten durchzieht seine Lebenserinnerungen.

Die radikal-demokratische Tendenz konkretisierte sich auch in der Polemik gegen Personen, z.B. gegen den Reichskanzler Bismarck und die Hohenzollern, gegen Heinrich von Treitschke, Ludwig Windthorst (den Vorsitzenden der katholischen Zentrumspartei), Bischof Ketteler und viele andere weniger bekannte Repräsentanten der Restauration und „Volksverdummung“ (so Grooß). Kritisiert wurden aber auch Strukturen und Privilegien, besonders die des Adels und der Reichen.

An mehreren Stellen – ausführlich auf den Seiten 113-117 anlässlich seiner Erlebnisse in Dromersheim bei Bingen – äußerte er sich auch kritisch über jüdische Zeitgenossen, aber nicht aus einem rassistisch motivierten, generellen Antisemitismus heraus, sondern offenbar aufgrund persönlicher Eindrücke. Über zwei jüdische Lehrerkollegen aus Ober-Ingelheim und Alsheim urteilte er vergleichend:

„Klingenstein („ein Durchschnittsjude, wie er im Buche steht“ – ein für Grooß seltenes Klischee-Urteil; Gs) erinnert mich an einen andern Juden und Kollegen, Marx in Alsheim. Hätte dieser in Oberingelheim gelebt, an ihm hätte ich meine Freude haben können. (...) Er ist ein offener ehrlicher Charakter, frei von allen Rassen-, von allen Religionsvorurteilen, vor keiner Konsequenz des Denkens zurückschreckend, wissenschaftlich viel gebildeter als Klingenstein, ein trefflicher Lehrer.“

Es war schwierig, vor dem strengen Urteil von Grooß zu bestehen. Man vergleiche mit seinem Bild vom Lehrer Joseph Klingenstein den Bericht über dessen Bestattung im Rhein- und Nahe-Boten vom 20. 11.1890:

„Ober-Ingelheim. Ein Leichenzug so groß, wie wir ihn hier selten gesehen, folgte heute den sterblichen Resten des Herrn Lehrer Klingenstein. Die überaus große Teilnahme legte beredtes Zeugnis davon ab, daß der Verstorbene in allen Schichten der Bevölkerung sich großer Beliebtheit erfreut. Von nah und fern waren Verwandte und Freunde erschienen, dem Verstorbenen die letzte Ehre zu erweisen. Nach dem rituellen Gebete intonierten die Lehrer des Kreises Bingen ein Grablied. Darauf sprachen die Rabbiner von Bingen und Mainz in treffender Rede die Verdienste und Tugenden des Entschlafenen schildernd. Der Verstor-bene besaß einen edlen und uneigennützigen Charakter und war trotz seines Leidens treu seinem Berufe bis an’s Ende.“

Auch Volkslehrer Groß bekam zu seinem 50jährigen Dienstjubiläum 1881 eine großartige Feier organisiert, trotz seiner Neigung zu harten und oft überheblichen Urteilen, die seine gesamten Lebenserinnerungen durchzieht.

Daher tut jeder Leser gut daran, seine Urteile nicht ungeprüft zu übernehmen. War es eine Angewohnheit, die er im Elternhause gelernt hatte, oder war es die Berufskrankheit vieler Lehrer, eine „déformation professionelle“?

 

3. Grooß über Bischof Ketteler und einige Ingelheimer:

a) Bischof Ketteler zu Besuch in Ingelheim:

„Als Ketteler in den 50er Jahren (also noch bevor Grooß nach Ingelheim versetzt wurde; Gs) zum erstenmal nach Ingelheim von Finthen her per Kutsche kam - die Eisenbahn bestand noch nicht - ließ er auf der Höhe am Straßendenkmal halten. Er erwartete, daß ihn der Pfarrer Wagner mit Kreuz und Fahne und der ganzen Gemeinde abhole. Der Pfarrer saß aber im Beichtstuhl. Ketteler ließ ihm sagen, daß er ihn abholen solle. Wer es aber nicht tat, war der Pfarrer. (…) Anders war der Hergang, als Ketteler zum erstenmal seinen Protegierten CI. behufs der Firmung besuchte. (...) Daß in der Kirche alles aufs Prachtvollste hergestellt war und der Bischof mit großem Pomp unter „Großer Gott, wir loben Dich“ und „Remigius vor Gottes Thron“ abgeholt wurde, ist selbstverständlich. Es lief alles zur Zufriedenheit des Bischofs ab, und bei dieser Gelegenheit drückte Werner (der Bürgermeister; Gs) durch seine Empfehlung Cl.s für die Pfarrei das Siegel auf seine Bestätigung.“ (S. 187) – Cl(oßmann) bekam daraufhin die Pfarrstelle.

 

b) Zum Nieder-Ingelheimer Glockenstreit, den der streitbare Pfarrer Carl Alexander Cloßmann (in der Edition stets mit „Cl.“ abgekürzt) mit der mehrheitlich evangelischen weltlichen Gemeinde ausfocht, schrieb er:

„Die Protestanten hatten bisher nur zwei sehr kleine Glocken in ihrer Kirche (der Saalkirche; Gs); die beiden großen Glocken auf dem Turme bei der katholischen Kirche (St. Remigius; Gs) waren wohl, wie die Urkunden von 1788 und die Inschrift auf denselben „Glocken der Gemeinde Nieder Ingelheim“ auswiesen. Aber die Katholiken konnten ungehindert all ihr Konfessionsgeläute mit ihnen ausführen, während die Protestanten nur das Recht hatten, bei Begräbnissen mit ihnen zu läuten. Die Gemeinde mußte sie, wie auch den Turm, der ebenfalls, wie die Gemeinderechnung von 1768 auswies, Gemeindeeigentum (auf separater Katasterparzelle; Gs) war, unterhalten. Das Läuten der Protestanten bei Begräbnissen hatte seit unvordenklichen Zeiten bestanden, war also ein Recht.

Nun sammelten die Protestanten Geld für neue Glocken. (...) In Essen wurden die Gußstahlglocken gegossen. Im Sommer 1861 kamen die Glocken eines Morgens an. Da kam Herr CI. zu mir in die Schule und sagte mir: „Wenn hernach die evangelischen Glocken hier vorbeiziehen, lassen Sie die Kinder nicht hinunter, auch nicht an die Fenster. Die Menschen wollten mit unseren Glocken läuten, wenn ihre Glocken einziehen, ich hab's ihnen aber abgeschnitten.“ Das sprach er alles in halblautem Ton. Ich sagte aber ganz laut zu den Kindern: „Ihr habt also gehört, wenn hernach die protestantischen Glocken kommen, dürft ihr nicht hinunter gehen.“ CI. entfernte sich. Er hatte nämlich die Turmtür, zu der er einen Schlüssel besaß, verschlossen. Zwei Nachbarn besaßen aber ebenfalls Schlüssel und überdies der Nachtwächter und der Bürgermeister (Johann Baptiste Werner I.; Gs).

Die Protestanten, die wirklich läuten wollten, schickten, als sie den Turm verschlossen fanden, einen Mann an den Bürgermeister, diesem vorstellend, was CI. getan und ihn ersuchend, doch die Turmtüre offen zu lassen, damit bei dieser feierlichen Gelegenheit die Gemeindeglocken ihre neuen Glocken begrüßen könnten. Der Bürgermeister gab eine ausweichende Antwort, der ich mich nicht mehr entsinne, der Turm wurde nun doch geöffnet, ob gewaltsam, weiß ich nicht mehr. CI. war gleich, nachdem er die Turmtür verschlossen, zu Werner gelaufen und hatte diesen für seine Zwecke gestimmt. Werner hatte auch in jener Zeit gerade einen Streit mit den Gemeinderäten, und damit war der Bruch da, der ihn sein Amt kostete (1862; Gs).

Der Streit über die Glocken währt aber von jener Zeit bis heute (, also ca. 1890; ...). CI. schloß endlich gewaltsam den Kirchturm nicht nur, sondern auch den Kirchhof, so daß der Gemeindeglöckner nicht mehr das Totengeläute besorgen konnte. Auf Klage der Gemeinde wurde er vom Kreisrat aufgefordert, den Kirchhof zu öffnen und der Gemeinde einen Schlüssel zu übergeben. Wer nicht gehorchte, war CI. Da erhielt der Bürgermeister vom Kreisrat die Weisung, sich mit Gewalt in den Besitz des Eingangs zu versetzen. Das ließ sich Weitzel nicht zweimal sagen. Er ließ die Kirchhofstore ausheben und aufs Rathaus bringen. Dort standen sie zwei Jahre.“ (S. 185)

 

c) Grooß dichtet für Wilhelm von Erlanger (im Buch: „Y“) und dient als Privatlehrer von dessen junger Frau Karoline:

„(Wilhelm v. E.) heiratete die 17jährige äußerst reizende B. und zog nach Ingelheim. (...) Y. wurde kurz nach meiner Ankunft ein Sohn geboren, vier Wochen später sollte dieser getauft werden. (...)

Da kam eines Tages der Y.sche Verwalter Bender zu mir (...) und rückte mit einer Bitte heraus. Sie wollten nämlich am Tauftage eine Eiche pflanzen zum Andenken an den Tauftag. Es sollte aber auch zugleich eine kleine Tafel an dem Baum aufgehängt werden, die die Veranlassung der Pflanzung mit einigen Worten verherrlichte. Ob ich nun nicht die Gefälligkeit haben wolle, ein kleines Gedicht zu diesem Zwecke zu schreiben. Ich erklärte ihm, daß ich kein Dichter und daß das Reimen meine allerschwächste Seite sei.

Der gute Mann drang indeß stärker in mich. (...) Nachdem ich mich in etwas um Verhältnisse und Personen erkundigt, sagte ich zu und schrieb eine Anzahl Hexameter. (...) Die Verse fanden den Beifall der Herren und der Frau von Y. (...)

Am nächsten Tage wurde ich höchst freundlich zur Taufe eingeladen. Ich wurde sehr freundlich empfangen und lernte da die ganze Verwandtschaft kennen. (...) Als ich einige Tage später bei Y. meinen eigentlichen Besuch machte, sagte die Madam, daß sie vernommen, ich habe naturwissenschaftliche Studien gemacht, es wäre ihr sehr angenehm, wenn ich ihre Unwissenheit in diesem Wissenszweig in etwas abhelfen wollte. Sie bat mich, ihr wöchentlich eine Stunde zu geben respektive ihr einen Vortrag zu halten. Daß ich das mit Vergnügen zu tun versprach, versteht sich von selbst.

Ich wurde dann auch später öfter zum Tee eingeladen. (...) Manchmal waren auch Frankfurter Damen Zuhörerinnen (...) Mit ihrer Schwester Therese, die später den österreichischen Minister von Haimerla heiratete (...) hatte ich öfter Diskussionen, die ans Philosophische streiften, z. B. über Willensfreiheit.“ (S. 188/189)

 

d) Zum Mäzenatentum der Natalie von Harder:

Grooß wusste nicht, wie er das Studium seines Sohnes bezahlen sollte. Deshalb wandte er sich mit einer Bitte an Natalie von Harder:

„Es war mir von Freunden mehreremal geraten worden, mich an die Frau von Harden (richtig: Harder; Gs) zu wenden, die ja, sagte man mir, jedes Jahr 50 000 Gulden für wohltätige Zwecke gemäß einer Stiftung ihres Vaters, des Barons von Stieglitz, aufwenden müsse. Sie habe schon mehre junge Leute in ähnlicher Weise unterstützt. Es kam mir sehr schwer an, den Schritt zu tun. Aber Not lehrt beten. Ich wandte mich schriftlich an Frau von Harden, und am dritten Tag kam Antwort, worin sie sich zunächst entschuldigte über die Verspätung - der Brief habe sie nicht in Wiesbaden angetroffen und sei ihr nach Mannheim nachgesandt worden. Sie freue sich, einem bedrängten Familienvater einen Teil seiner Sorgen abnehmen zu können, ich solle an einem bestimmten Tage nach Wiesbaden kommen mit meinem Sohn, um die Höhe der nötigen Summe zu bestimmen. Sie nahm uns mit großer Liebenswürdigkeit auf, und so war mir eine große Sorge abgenommen. August wäre ohne diese Frau heute nicht Direktor an der Ludwigseisenbahn. Ich kann ihr nie das Werk der Menschenliebe vergessen, und August sollte es noch weniger.“ (S. 194)

 

4. Sein Grabmal in Ingelheim:

Nachdem Anton Grooß in Mainz gestorben war, wurde er, wie schon erwähnt, nicht dort, sondern im Grab seiner Ehefrau auf dem Friedhof in Nieder-Ingelhem bestattet. Dieses Grab an der Südmauer wird bis heute von der Stadt Ingelheim gepflegt.

Die Inschrift auf der stilisierten Schriftrolle lautet:

                                                               ANTON GROOSS

                                                                  Volkslehrer,

                                                 Oppershofen 1813, Mainz 1899.

                                                        EVA GROOSS geb. KIPP

                                             OCKSTADT 1818. N. JNGELHEIM 1874.

 

Gs, erstmals: 02.11.19; Stand: 20.12.20