Autor: Hartmut Geißler
Es folgt der vollständige Text des preußisch-pfälzischen Vertrags (mit dem geheimen Anhang), der durch die Aufteilung der Kirchen, Schulen, Friedhöfe und der Kirchengüter auch für die Ingelheimer Orte zu einer dauerhaften Aufteilungsregelung führte.
Der Text stammt aus einer umfassenden, aber schwer auszuleihenden Promotion auf der Basis von Archivmaterial zu diesem Thema von Alfred Josef Hans, Saarbrücken 1972.
a) Überblick über den Inhalt
b)Religions-Tractat zwischen Ihrer Königlichen Majestät in Preußen und Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Pfaltz: geschlossen den 21. November 1705
(vgl. GLAK 77/8244, 105-130, Kop., zu S. 570 ff).
= Anlage S. 511-530 in der Promotionsarbeit von Hans
Zu wissen: Nachdem auf Ihrer Königlichen Majestät in Preußen, bey Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht zu Pfaltz eingelegte Recommendation dieselbe in favor der Evangelischen Reformierten Religions=Verwandten in Dero Chur=Pfälzischen Landen unterm heutigen dato diese hiernach folgende Declaration von sich gegeben.
Von Gottes Gnaden Wir Johann Wilhelm, Pfalzgraf bey Rhein, des Heiligen Römischen Reichs Erz=Schatzmeister und Churfürst, in Bayern, zu Gülich, Cleve und Berg Hertzog, Graf zu Veldentz, Sponheim, der Marck, Ravensperg und Mörß, Herr zu Ravenstein, etc. etc. Tun kund und zu wissen:
Nachdem Wir von Anfang Unserer, in Unseren Chur=Pfältzischen Landen angetrettenen schweren Regierung, uns vornehmlich unter anderen befliessen, denen zwischen Unseren Chur=Pfältzisehen Unterthanen vor und nach ihrer differenten Religion, und deren Exercitien halben, angewachsenen Irrungen vorzukommen und solchen nach Möglichkeit abzuhelfen. So haben wir auch zu diesem Ende von Zeit zu Zeit wohlmeinende Verordnungen ertheilet und nichts unterlassen, was Wir zu Erhaltung obigen Zwecks zulänglich zu seyn erachtet.
Nachdem Wir aber gegen alles Verhoffen dannoch vernehmen müssen, daß auch dadurch unsere heylsame Intention nicht allerdings assequirt worden, weilen unsere, der Reformirten Religion beygethane Unterthanen durch verschiedene eingeschlichene Mißbräuche und Excessen einigermassen beschweret zu seyn vermeinen wollen; also haben wir, absonderlich auf verschiedene unserer Alliierten und auswertiger Potentien bey uns eingewendeten ansehenlichen Recommendationen, zu Beybehaltung der unseren Unterthanen so nöthigen Einigkeit, diese hernachfolgende unveränderliche Verordnung in unseren Chur=Fürstenthum der Pfaltz und zugehörigen Landen krafft dieses gnädigst publiciret, befehlen auch und verordnen solchem nach gnädigst und ernstlich:
1. Daß von nun an und inskünfftig unseren gesambten, denen dreyen in dem Römischen Reich recipirten Religionen zugethanen Unterthanen durchgehende in obgedachten sambtlichen Chur-Pfältzischen Landen, in specie in dem Ober=Ambt Germersheim, die vollkommene Gewissens-Freyheit, mit Abstellung aller dagegen sich etwan hervorgethanen Mißbräuchen, unbehindert gelassen, und dieselbe keineswegs weder beeinträchtigt, noch turbiret, auch folgende Specialia zu allen Zeiten steth= und unverbrüchlich gehalten werden, und die unserige bey unserer höchsten Ungnad sich darnach reguliren sollen.
2. Diesem nach kan ein Jeder eine der dreyen im Römischen Reich erlaubten Religionen öffentlich bekennen, und ohne Hinderung Alt und Jung, wann diese Annos discretionis haben, die völlige Gewissens=Freyheit gäntzlich geniessen, auch nach Belieben von einer Religion nach der anderen sich begeben; zu welchem Ende alle dießfalls der obgedachten Gewissens-Freyheit entgegen lauffende, in der Untern Pfaltz und Ober=Ambt Germersheim etwa ergangene Mandata hiemit aufgehoben seyn sollen.
3. In Matrimoniis mixtis stehet denen Eltern frey, ihre Kinder in der Religion tauffen zu lassen und zu erziehen, wie es die Ehe=Gerichts=Ordnungsmäßige Ehe=Pacta, oder ihre stante matrimonio beschehene authentische Abrede mit sich bringet; Wo aber weder Ehe=Pacta noch dergleichen Abrede, so viel diesen Punct angehet, befindlich, da folgen die Kinder dem Capiti familae, jedoch bleibt den Kindern, wie obgedacht, die vollkomene Gewissens=Freyheit, wann sie ad annos discretionis kommen, auch dem letztlebenden Vatter oder Mutter bevor, die Kinder nach Belieben in ihrer Religion zu erziehen. Wann von unterschiedlichen Religions=Genossen Heyrathen geschehen, sollen die Proclamationes in eines jeden seiner Religions=Kirchen, ob sie gleich in einer Stadt oder Kirch=Spiel wohnhafft, ordentlich verrichtet, dimissoriales gefordert, jedoch unbedinglich und unwaigerlich, auch unentgeltlich gegeben werden, und soll in Puncto der Copulation die Braut dem Bräutigam folgen, sonsten aber die Catholische Geistlichkeit und Pastores keine Evangelische Religions= Verwandte, und vice versa die Evangelische Prediger keine Römische Catholische ohne dimissorialibus ihrer Priester, Pastoren oder Prediger zusammen geben.
4. Denen Pupillen werden Vormünder von der Religion verordnet, in welcher sie nach denen Ehe=Pacten oder, his deficientibus, nach der hiebevor gesetzten Regul erzogen werden müssen.
5. Vorgedachte Augspurgische Confessions=Verwandte, Reformirte und Lutherische, sollen an keine andere Ceremonien als an die Ihrige gebunden seyn, dahero sie weder directe noch indirecte angehalten werden sollen.
6. Bey denen Catholischen Processionen Graß zu streuen, Meyen zu stecken, May= oder andere dergleichen bey denen RömischaCatholisehen gebräuchliche Feyer=Glocken zu ziehen, das Ave Maria oder die Catholische Feyer=Täge anzuläuten, viel weniger mit dem Gewehr bey der Procession aufzuwarten, Fahnen oder Creutze zu tragen, bey der Morgens=, Mittags= oder Abends=Glocken den Huth abzuziehen; Sie sollen auch dieserthalben von niemand beschweret, vielweniger begehret werden, vorher erzehlten und andern Catholischen Ceremonien und Ritibus beyzuwohnen, herentgegen die Catholische in ihrem Gottesdienst und üblichen Ceremonien weder directe noch indirecte behindert, verstöret, verspottet, noch beeinträchtiget werden sollen.
7. Ferners sollen beyderseits Augsburgische Confessions= Verwandte die verschlossene Zeiten nach Catholischer Kirchen=Gewonheim, nach vorhero von der Chur-Pfaltzischen Regierung erhaltenen Erlaubnuß, eben zu observiren nicht schuldig seyn. Über dieses, so sollen jetztgedachte Evangelische bey denen Catholischen Processionen, und wann das Venerabile zu denen Kranken getragen wird, nicht gezwungen werden, das Gewehr zu praesentieren oder nider zu knien, hingegen aber keine vorsätzliche Ärgernuß geben, sondern so lange, bis die Procession vorbey, auf die Seite in ein Haus oder zurück gehen, oder wo sie nicht ausweichen können, den Huth abziehen.
8. Es solle auch den Evangelischen, so Reformirt als Lutherischen, in denen Städten und in den Häusern bey verschlossenen Buden, Thüren, Laden und Fenstern auf Catholische Fest=Täge zu arbeiten erlaubt seyn, und sollen sie deswegen keine Inquisition und Bestraffung zu befürchten haben, jedoch sollen die Grobschmied /: außer was vor die Reisenden nothweise beschiehet :/ und andere Handwercker, welche ein grosses Gethön machen, auf diese Täge öffentlich nichts verfertigen. Es stehet denen beyderseits Augspurgischen Confessions= Verwandten frey, auf sothanen Catholischen Feyer=Tägen öffentlich Schul oder Catechizationes zu halten, und ist ihnen auch unverwehrt, ihre Monatliche Bett=Täge zu feyren.
9. Beyderseits Augspurgische Confessione=Verwandte Eltern können nicht gezwungen werden, die Noth-Tauff zu adhibiren oder Catholiscner Hebammen wider Willen sich zu bedienen.
10. Es bleibt oftgenannten Reformirten und Lutherischen bevor, in den Fasten und an Catholischen Abstinentz=Tägen in ihren Häusern Fleisch zu speisen.
11. Niemand, er sey Geist= oder Weltlich, solle der Religion halber, er seye darinn gebohren, oder habe dieselbe von kurtzen oder lang angenommen, verfolget, vielweniger aus einer Stadt, Dorff oder Land diesfalls zu emigriren genöthiget, auch seines Glaubens halber verachtet, nachgeruffen, ausgeschrien oder gescholten werden.
12. Niemand soll von der Magistratur, Burger=Recht, von Kauffleuten, Handwercken oder Zünfften, Gemeinschafften, auch öffentlichen Gewerb, Handthierungen, Handwercken, Contracten, kauff- und verkauff, bewög= und unbewöglichen Gütern, von Vernäherungs=Recht, wo es hergebracht, noch von einigen Erbschafften, Erb-Vermächtnussen oder Legaten oder andern Gerechtigkeiten und Handlungen der Religions halber ausgeschlossen werden.
13. Ferners gestatten Wir gnädigst, daß in Ehe-Sachen, so viel die beyderseits Augspurgische Confessions=Verwandte Personen angehet, es auf Art und Weise, wie solches in Unsern Gülich und Bergischen Landen vermög des errichteten Religions=Recesses verglichen, in allen Puncten gehalten werden, und selbige von Unsern Evangelischen Ehe=Gericht, oder wann selbiges noch nicht retablirt seye, von dem Reformirten Kirchen=Rat, oder darzu expresse committirten Evangelischen Rathen beurtheilet werden solle.
14. In denen Fällen, wann zwischen Catholisch= und Evangelischen Unterthanen Ehe=Streit vorfällt, folgt der Actor das Forum Rei, und wird der Evangelische nach denen von Evangelischen angenommen, der Catholische nach der Catholischen Geistlichen Rechten, insonderheit in puncto divortii et repudii gerichtet; Ratione dispensationis in matrimonialibus, quoad gradus prohibitos wollen Wir es nach der Chur=Pfältzischen Ehe=Gerichts=Ordnung halten und also denen Evangelischen das Recht nach ihrer Religion gedeyen lassen.
15. Damit auch die bishero wegen des Exercitii simultanei sich hervorgethane Beschwerungen auf einmal geendiget seyn mögen; So haben Wir nach reifflicher Überlegung solches dergestalt aufzuheben beschlossen, heben solches auch hiemit dergestalt auf, daß nichts destoweniger selbiges in denjenigen Oertern, wo es schon bey Lebzeiten des Churfürsten Carl Ludwigs Christ=mildesten Andenckens mit denen benachbarten Herrschafften, und in specie mit Chur= Mayntz in dem Bergstraßischen Recess de Anno 1650, dem Regenspurgischen Vergleich von Anno 1653, wie auch mit dem Fürstlichen Hauß Baaden=Baaden 1652, 1653, 1661 errichteten Pactis, welche in ihrem Vigor bleiben, und nach deren wörtlichem Inhalt Wir die beyderseitige Religions=Verwandte Unterthanen handhaben und selbige gegen alle bishero etwa beschehene Beeinträchtigungen, obbesagten Recessen gemäß, gnädigst schützen wollen, etablirt, ohne daß die geringste Behindernuß causiret werden möge.
16. Wie Wir dann zugleich gnädigst verordnen, damit gesandte Unsere liebe Unterthanen in jeder Religion ihr besonders a partes, öffentliches, freyes und unbehindertes Religions-Exercitium ruhig haben, daß es mit den Kirchen, Pfarr= und Schul=Häusseren, sambt denen darzu gehörigen Gütern, Zinsen, Zehenden und Renten auf hernach beschriebene Weise gehalten werden solle.
17. Gestalten dann so viel Unsere drey Haupt=Städte in obgedachten Unsern Chur-Pfältzischen Landen Heydelberg, Manheim und Franckenthal, und unsere sämbtliche übrige Ober-Ambt=Städte, nahmentlich Alzey, Bacharach, Bretten, Lautern, Moßbach, Neustadt, Oppenheim, Simmern, Stromberg und Ladenburg betrifft. Wir gnädigst wollen, daß, wo zwey oder mehrere Kirchen oder Kirchen=Plätze, woselbsten die Reformirte Anno 1685 ihr Exercitium Religionis gehabt, oder sie nach der hand auf ihre Kösten erbauet, sich befinden, und hingegen die Catholische keine eigene Stadt= oder Clöster=Kirche daselbst haben, denen Catholischen eine davon privative eingeraumet werden solle.
18. Jedoch behalten, dieser Regul ungeachtet, die Catholische die von denen P. P. Franziscanis inhabende so genannte Closter=Kirche und des Gymnasii=Platz zu Heydelberg, wie auch die so genannte Spithal= oder Guarnisons=Kirche in der Vorstadt /:worunter gleichwohlen das Spithal und dessen Gefälle nicht begriffen:/ desgleichen das Chor der Heiligen Geist=Kirchen daselbst, welches mit einer Mauer separirt und nicht durch den navem Ecclesiae, sondern von aussen her der Eingang gemacht werden solle, privative. Da hingegen die Reformirte navem Ecclesiae sothaner Heilig Geist=Kirchen mit dem Thurn /:dessen Gebrauch sambt dem Geläut mit denen Catholischen gemeinschafftlich seyh solle:/ wie auch die St. Peters=Kirch nebst dem Chor cum pertinentiis und endlich alle übrige Kirchen oder deren Plätze und Rudera cum Pertinentiis nebst allen Pfarr= und Schul=Häusern oder deren Plätzen, in deren Possession die Reformirte Anno 1685 gewesen, privative bekommen.
19. Und an statt obgedachten Gymnasii, Guarnison und Closter=Kirchen, der Schönauer in Heydelberg gelegener Hof mit einem völligen Bezirk, um selbigen nach Belieben zu einer Kirchen, Gymnasio, Schul, Pfarr, oder Schul= Häuser oder ad alios Ecclesiasticos usus zu employren, privative eingeraumet wird.
20. Verordnen Wir gnädigst, daß nach sothaner Regul denen Reformirten zu Manheim privative zugestellt werde die provisionaliter erbaute Kirchen /:gestalten die Catholische, bis sie eine anderwärtige Kirche bekommen, sich in der Patrum Capucinorum Kirch behelffen mögen:/ nebst dem grossen Kirchen=Platz und daselbst gelegten Fundament, so zu der Hochteutschen und Wallonischen Gemeinden destinirt seynd, mit allen etwa daselbst befindlichen Pfarr= Rectorats=Schul=Häusern oder deren Plätzen und Pertinentien, welche die Reformirte 1685 besessen oder seit hero an sich iusto titulo gebracht oder gebauet.
21. So wollen wir auch gnädigst, daß zu Franckenthal denen Reformirten diejenige Kirche mit ihrem völligen Bezirck zukommen solle, in dessen Chor anjetzo das Simultaneum eingeführet ist, und solle das Paedagogium daselbst, die Pfarr= und Schul=Häuser oder vielmehr deren Plätze, und was sie sonsten Anno 1685 ingehabt, denen Reformirten, und denen Catholischen die zweyte Kirche, so die P. P. Capuciner anjetzo inhaben, die dritte aber denen Reformirten für die Wallonische Gemeinde privative gleichfalls verbleiben.
22. In Unsern übrigen vorbenannten Ober=Ambt= und andern Städten bleibt es bey obiger Regul, zufolg solcher die grosse Kirch zu Alzey denen Reformirten, denen Catholischen aber die andere, zu Lautem gleichfalls, und zu Oppenheim die grosse Pfarr=Kirche denen Reformirten, denen Catholischen aber in beyden Orthen sich befindliche Franciscaner-Kirche, und zu Bacharach denen Catholischen die Kirche am Berg, denen Reformirten aber die Stadt=Kirche, und weniger nicht denenselbigen zu Weinheim die in der Vorstadt gelegene Pfarr= und die Rudera der in der Stadt befindlichen Spital=Kirchen, denen Catholischen aber die daselbstige Carmeliter=Kirche privative zukommen solle. In welcher Ober=Ambt=Stadt aber nur eine Kirche oder Kirchen=Platz sich befindet, daselbst solle navis Ecclesiae cum pertinentiis denen Reformirten, das Chor aber denen Catholischen gelassen und mit einer Mauer auf beyder Theile Kosten separirt werden, auch jedem Theil freystehen, wo Raum vorhanden, noch etwas an seinen Theil anzubauen.
23. Wir wollen und verordnen auch ferners, daß die Kirchen in allen übrigen Unsern Städten und in denen Flecken und Dörffern auf dem platten Lande, wo nur eine Kirch ist, darinnen die Reformirte Anno 1685 ihr Exercitium gehabt, und die Catholische keine Clöster oder eigene Kirche bereits haben, solchergestalt getheilt werden, daß diejenige Reformirte Mutter=Kirchen von Anno 1685, woselbst anjetzo kein Reformirter Pfarrer mehr, sondern Catholischer Pfarrer wohnet, die Catholische zum voraus auf Abschlag ihrer 2/7 Theil haben sollen, jedoch daß hingegen
24. Die Reformirte aus derjenigen Inspection, worinnen sothane denen Catholischen überlas-sende Mutter=Kirchen gelegen, ihre ratione dieser, denen Catholischen zum voraus einräumenden Kirchen zukommende 5/7 Theil aus denen Kirchen, wo die reformirte Pfarrer gegenwärtig wohnen, zum voraus ebenfalls wählen mögen, daß also, so offt die Catholische zwey Mutter= Kirchen behalten, denen Reformirten hingegen fünff Kirchen, wo ihre Reformirte Pfarrer wohnen, gleichfalls zukommen.
25. Die übrige Kirchen insgesambt sollten auf folgende Weiß getheilet werden, daß nach jetzt-gedachter vorhergegangenen Theilung erstlich die übrige Kirchen, wo annoch Reformirte Prediger wohnen, zweytens die wohlgebaute, drittens die baufällige Filialen und 4tens endlich die Rudera jedesmalen sieben und sieben aus einer, oder da sieben dergleichen Kirchen darinnen nicht befindlich, aus der nächsten Inspektion zusammen gesetzt werden, davon denen Reformirten fünff und denen Catholischen zwey privative dergestalt zukommen sollen, daß Unserm Reformirten Kirchen=Rath daraus die erste, und die zweyte Wahl Unsern darzu expresse benannten Räthen nomine Catholicorum, die dritte denen Reformirten abermals, die vierte denen Catholischen, und der Rest denen Reformirten verbleiben solle.
26. Wobey wir expresse verordnen und befehlen, daß alle bey solchen ihnen (denen? Gs) Reformirten privative einzuraumen habenden Kirchen befindliche Pfarr=Güter, Renten, groß und kleine Zehenden und Zinsen, so Anno 1685 ein Reformirter Pfarrer Salarii loco genossen oder durch die Collectur erhoben worden, zu der Reformirten Kirchen Behuff privative, ohne die geringste Schmählerung und bey der hergebrachten Preyheit überlassen.
27. Auch Unsere Hof=Cammer und die unter derselben stehende Corpora, wie auch die benachbarte Stiffter oder Harrschafften, Communen und andere Corpora zu Ablegung des etwa schuldigen Beytrags, der Observanz gemäß angehalten werden sollen; Gleiches Recht geniessen die Catholische bey denen ihnen durch Vorgesetzte Regul privative zukommenden Kirchen; Jedoch werden die Stiffts= und Clöster=Gefälle hierunter nicht verstanden.
28. Wir verwilligen und gestatten ferners gnädigst, daß allen Reformirten und Evangelisch=Lutherischen, wann schon denen Catholischen in ein= oder anderm Orth die Kirche, Pfarr- und Schul=Häuser privative zukommen, ihr Exercitium Publicum in einem Privat=Hauß, oder wo sie es dienlich erachten, zu üben unverwehrt seyn solle, et vice versa denen Catholischen, gestalten einem jeden Theil auch unbenommen ist, an allen Orten, wo er es nöthig erachtet, neue Kirchen mit Thürnen, Glocken und übrigen Zugehörungen, wie auch Pfarr= und Schul=Häuserzu erbauen.
29. Welchenfalls wir auch die neue Plätze, wohin die Kirchen, Schulen, Pfarr= und Schul=Häuser angerichtet werden möchten, von allen Herrschafftlichen Beschwerden hiemit gäntzlich befreyen und sothane Gebäude und Häuser, so lang sie zu obbemeltem Gebrauch gewidmet bleiben, bey der Immunität gnädigst schützen und handhaben wollen.
30. Alle von denen Reformirten 1685 in der gantzen untern Pfaltz besessene Gymnasia, Paedagogia, Rectorats=Häuser und Latein=Schulen oder deren Plätze, in specie das Collegium Sapientiae und die Neckar-Schul zu Heydelberg und das Casimirianum zu Neustadt oder an des-sen Stelle eines in Dach und Fach wohlconditionirtes Aequivalent; Das Gymnasium zu Franckenthal, Manheim und andern Orten oder deren Plätze sollen denen Reformirten cum omnibus reditibus et accessionibus, wie sie selbige 1685 gehabt, privative verbleiben. Und damit
31. Hinkünfftig alle fernere Disputen unterbleiben mögen, wollen Wir gnädigst, daß Iurisdictionem Ecclesiasticam et Iura Parachialia cum cura animarum et omnibus annexis Exercitii Publici gesambte Religionen über ihre Glaubens= Genossen allenthaben exerciren mögen, ungeachtet die Kirche selbigen Orts nur einer Religion angewiesen, dahero die Iura Ordinariatus et Stolae, vielweniger Iurisdictio Ecclesiastica keines wegs auf andere Religions=Verwandte extendiret werden, sondern alle dergleichen Praetensiones hiemit expresse aufgehoben und verbotten seym sollen.
32. Wir wollen auch gnädigst, daß die Glocken und Kirch=Höfe von denen Kirchen dependiren, jedoch daß ein Theil dem andern um die Gebühr bey denen Begräbnüssen, Hochzeiten und dergleichen läuten, auch wo nur ein Kirch=Hof vorhanden, derselbige gesambten Religionen ihre Todte zu begraben, gemeinschafftlich erlaubt und einer jeden Religion ihre Gesänge und Ceremonien dabey zu üben ungehindert, dabey gleichwohlen jeder verwilliget und frey stehen solle, einen absonderlichen Kirch=Hof anzuschaffen oder mit Abtheilung des vorhandenen Kirch=Hofs sich untereinander, nach Zustand des Orts und Gelegenheit gütlich zu vergleichen.
33. Welches eben den Verstand haben solle, wo die Kirchen gemeinschaftlich überlassen werden, daselbsten die Reparation des Chors denen Catholischen, navim Ecclesiae aber zu unterhalten denen Reformirten, des Thurns und Glocken Unterhaltung beyderseits gemeinschafftlich obliegen solle, es seye dann, daß etwa ein Patronus Decimator oder sonsten jemand von Alters her die Reparation zu thun obligiret wäre.
34. So soll auch in denen Kirchen, welche denen Reformirten zu Theil kommen, keiner das Ius Patronatus exerciren, der es in Anno 1685 nicht exerciret hat.
35. Und gleichwie ferners zu Zeiten Unserer Vorfahren diejenige aus denen eingezogenen Stifftern, Probsteyen, Clöstern, Prälaturen und dergleichen Corporibus gefallene Renten und Einkünfften meistentheils ad causas pias verwendet worden,
36. Und wir dann gleichmäßig gnädigst entschlossen, alle solche Gefälle von denen gesambten obgedachten Corporibus, wie selbige die so genannte Verwaltung Anno 1685 würcklich besessen, zu gleichmäßigem Ziel gebrauchen zu lassen; Also verordnen und befehlen Wir hiemit und in krafft dieses gnädigst, daß zu Unterhaltung des Reformirten Kirchen= Raths, Pfarrer, Kirchen= und Schul=Diener, Reparation, Erbau= und Erhaltung der nöthigen Kirchen und Schulen fünff Sieben Theil von denen eingehenden obgedachten Gefällen an Geld, Früchten, Wein und dergleichen employret und angewendet werde. Die übrige 2/7 deductis pro rata oneribus Uns zu Unserer freyen Disposition verbleiben sollen. Und sollen die etwa vorhandene Früchten oder Wein unter dem gemeinen Land=Preiß und ohne bahrem Gelde nicht begehret oder durch einen Vorschuß geschmählert oder sonsten etwas sive ad usus politicos sive Ecclesiasticos, noch unterm Namen der Lands=Rettung und Schutzes verlanget werden mögen.
37. Und damit allem weitern Mißtrauen vorgebogen werde, befehlen Wir gnädigst, daß vorgedachte Güter und Gefälle durch eine General=Administration, bestehend in zweyen Catholischen und zweyen Reformirten Räten und übrigen nöthigen Bedienten, solcher Gestalt verwaltet werden sollen, daß jederzeit Quartaliter die Catholische und Reformirte die Einkünfften gemeinschaftlich repartiren und solche Repartition ungesaumbt und also fort denen Verwaltungs=Bedienten im Lande per modum rescripti von beyderseits Religions=Verwandten Verwaltungs=Räthen unterschrieben, bekant gemacht werden.
38. Welche alsdann denen beyderseits Religions angestelten Receptoren, nemlich dem Catholischen ihre 2/7 Theil, und die denen Reformirten angewiesene Portion der 5/7 dem Reformirten Receptori einzuliefern und zu verrechnen haben; Unterdessen aber, bevor die Repartition geschehen, auf keines Theils Assignation nicht das geringste verabfolget Uns aber Rechnung und Reliqua darüber praestiret werden, jedoch daß jedem Theil der Überschuß zu seinem privaten Gebrauch gewidmet verbleiben solle.
39. Demnächst sollen die Verwaltungs=Räthe nicht mehr gemeinschafftlich, sondern jeder Religions=Verwandte über ihr Antheil privative zu disponiren bemächtigt, und die Unter=Bediente als-dann von denenselben separatim dependiren und ihre Verordnungen unweigerlich respectiren, wie sie dann in denen Uns leistenden Pflichten würcklich dergestalt sollen angewiesen werden.
40. In allen übrigen Vorfallenheiten aber bleibt es bei der bisherigen Verwaltungs=Ordnung.
41. So viel sonsten den Reformirten Kirchen=Rath und dessen Iurisdiction betrifft, solle selbiger nach Inhalt der Chur=Pfältzischen Kirchen=Raths=Ordnung von Anno 1564 und wie er Anno 1685 bestellet gewesen, hinwieder ersetzet und bey der ihme, vermög gemeldter Ordnung und Observantz, bis ad Annum 1685 zukommender Verrichtung, Freyheit, Immunität, Besoldung, Rang und Herkommen kräfftigst geschützet und gehandhabet werden.
42. Worbey Wir noch ferners gnädigst verordnen, daß dem Kirchen=Rath bevorstehen solle, so viel Pfarrer und Schul=Diener, als er nöthig erachtet, doch nicht ohne Unseren Vorwissen anzunehmen, selbige nach Befinden zu transferieren, auch die Pfarreyen zu combiniren und zu separiren.
43. So soll auch, im Fall ein oder anderer Prediger beschuldiget werden würde, gegen die Catholische Religion unzuläßig gepredigt, geschmähet oder sensten gehandelt zu haben, alsdann die Inquisition, da dergleichen nöthig befinden wurde, jedesmal mit Zuziehung eben so vieler Kirchen=Räthen als anderer darzu verordneten Commissarien beschehen und darinnen und sonsten in allen übrigen Beschuldigungen und Inquisitionen der Chur-Pfälzischen Inquisitions Ordnung gemäß verfahren und unparteyische Justitz administrirt werden solle
44. Und damit auch Unsere vormals so berühmte Universität zu Heydelberg um so viel ehender wieder in vorigen Flor und frequentz gerathen, gesambten Religionen auch in allen Facultaeten zu profitiren Gelegenheit gegeben werden möge; So haben Wir gnädigst resolviret, zu der Theologischen Facultät beständig zwey Reformirte Theologos gnädigst zu verordnen und selbige mit der gewöhnlichen vorigen Besoldung ordentlich salariren und unterhalten zu lassen.
45. Wie Wir dann vor jetzo von Unserm Reformirten Kirchen= Rath ein oder andern Vorschlag erwarten, wie Wir solche Professuren zu bestellen vermöchten, gestalten Wir auch hiernächst bey Abgang eines oder andern Reformirten Theologi zu Ersetzung der dardurch vacirenden Professur gedachten Kirchen=Raths unterthänigste Vorschläg gnädigst erwarten wollen.
46. Worbey Wir gnädigst declariren, daß die Allmosen, so von jeder Religion a parte gesammelt oder gestifftet werden, auch von jeder privative administriret und distribuiret werden.
47. Die Legata und Capitalien aber, in specie zu Heydelberg, Manheim, Franckenthal und andern Orthen, so noch vorhanden und nicht bereits anjetzo consumiret seynd, werden denjenigen Religions=Verwandten restituirt und gelassen, so vor der eingeführten Gemeinschafft oder Theilung in deren Possession gewesen, und administriret jeder Religions=Theil die Seinige privative, worinnen von keinem dem andern eingegriffen werden solle.
48. So viel aber die Stipendia anbelanget, so Anno 1685 in Observantz gewesen, wird es ebenfalls nach sothanem Jahr damit gehalten und kommen selbige, wie auch diejenige, so seithero gestifftet worden oder noch gestifftet werden möchten, nach des Testatoris Willen denjenigen Religions= Verwandten zu, deren der Fundator gewesen.
49. In den Spithälern, Waisen= auch andern dergleichen Armen=Häusern, so für die Einwohner und Bürger gewidmet seynd, wollen Wir, daß nach der von Uns consedireten Proportion der 2/7 und 5/7 Theil jede Religions-Verwandten recipirt und in ihrer Religion nicht turbiret, bevorab die Waisen nach der Religion, deren der Vatter gewesen, erzogen werden.
50. In dem übrigen aber verordnen Wir gnädigst, daß ohne Ansehen der Religion die Armen oder Krancken aufgenommen werden und ebenfalls alle Gewissens-Preyheit geniessen.
51. Wir wollen auch und befehlen gnädigst, daß denen Evangelisch-Lutherischen nicht allein die Anno 1624 zugekommene, sondern auch diejenige Kirchen, welche sie seithero erbauet oder künfftig erbauen, privative gelassen, das von uns aufgerichtete Evangelisch-Lutherische Consistorium auch von dem Reformirten Kirchen-Rath independent verbleiben, denenselben annebenst dasjenige, so ihnen an Geistlichen Gütern, Pfarr= und Schul=Häusern, Zehenden, Renten und Gefällen Anno 1624 erweißlich zugekommen, zu ihrer Administration überlassen werden solle.
Urkund Unserer eigenhändiger Unterschrifft und hierauf gedruckten geheimen Cammer=Cantzley=Secret=Insiegels. Geben in Unserer Residentz=Stadt Düsseldorf, den 21. Novembris 1705. Johann Wilhelm, Churfürst.
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Und dann so wohl dem publico als höchstgedachter Ihrer Königlichen Majestät und Churfürstlichen Durchlaucht selbsten daran nicht wenig gelegen, daß zu Vermeidung aller etwan hiernegst besorgenden weitern Religions=Irrungen obgemelte Declaration in allen Puncten und Clausulen nicht allein anjetzo zur Execution gebracht, sondern auch hinkünfftig, bis man von gesambten Reichs wegen sich der Religions=Gravaminum halber etwan anderst vergleichen oder in deßen Entstehung eine Comitial=Decision erfolgen möchte, unverbrüchlich gehalten und beobachtet, auch gesambte interessirte Religions-Verwandte dabey auf das kräfftigste geschützet und manutenirt werden, daß höchstgemelte Ihre Churfürstliche Durchlaucht zu Bezeugung ihrer vor Ihro Königliche Majestät in Preussen beständigst habende Hochachtung nicht allein vorbesagte Declaration dergestalt zur baldigsten Execution bringen zu lassen, festgestellt, daß so bald
52. Der Kirchen=Rath durch die abgängige Subjecta wieder bestellet, gestalten Ihro Churfürstliche Durchlaucht darüber von gemeldem Kirchen=Rath ehistens die nöthige Vorschläg erwarten, den Anfang sothaner Execution durch dero expresse darzubestellte Commissarios und bestellten Reformirten Kirchen=Rath machen und den Rest zum schleunigen Ende befördern lassen wollen, sondern
53. Versprechen und geloben auch hiemit und in krafft dieses vor sich und Ihre Chur Nachkommende, gemelte Declaration, wie selbige von Wort zu Wort hieroben geschrieben, in obgemelten Chur=Pfältzischen Landen fest und unwiderruflich halten und beobachten und gesambte Religions=Interessirte dabey nachtrücklichst schützen und manuteniren, auch hernachfolgende Puncta unveränderlich halten und beobachten zu lassen.
54. Wollen mehr höchstgemelte Ihre Churfürstliche Durchlaucht daß in dem an den Hochwür-digsten Bischöfen zu Würtzburg oppignorirten Ambt Boxberg der Status religionis quo tunc observiret werde, wie in der Pfand Verschreibung vom 28. Februar 1691 expresse pacisciret worden.
55. Daß wegen Dirmbstein und derjenigen Orthen dieses Ambts, wie auch der Kellerey Stein, so an des Hochwürdigsten Bischöfen zu Wormbs hochfürstliche Durchlaucht unlängst cediret und dabey der Status quo pacisciret worden, Ihro Churfürstliche Durchlaucht dero officia, nebst des Königs in Preussen Majestät dahin anwenden wollen, damit obgemelte Declaration gütlich angenommen und daselbst observiret werde.
56. In allen übrigen etwa lehnsweise oder sonsten abgegebenen Orthen es ebenfals in puncto Religionis usque ad Comitialem decisionem in Statu hujus Declarationis verbleiben solle.
57. Daß ratione des Ambts Böckelheim Ihro Churfürstliche Durchlaucht bey Chur=Mayntz und der Kaiserlichen Sequestration Ihre Officia nebst des Königs in Preussen Majestät dahin interponiren wollen, damit durante sequestratione und bis zur Comitial Decision dieser Declaration alda gleichfals nachgelebet werde.
58. Wann Ihro Churfürstliche Durchlaucht hiernegst etwas vertauschen sollten, so wollen dieselbe jederzeit den Statum religionis salva Comitiali decisione nach obiger Declaration ausbedingen, und
59. Keine Verwaltungs=Güther alieniren, sondern selbige jederzeit vorbehalten,
60. Diejenige Verwaltungs-Güther, so die Catholische Geistlichkeit bereits besitzet, wollen Ihres Churfürstliche Durchlaucht in Rechnung jährlich bringen und deren Einkünfte an denen zwey sie-benden Theil decourtiren lassen, auch
61. Alles was Ihre Churfürstliche Durchlaucht Kriegs=Commissariat nach gepflogener Liquidation vor empfangenen Haber oder sonsten schuldig zu seyn befunden wird, davor wollen dieselbe fünf sieben Theil denen Reformirten restituiren lassen, welche sie zu Erbauung ihres Gymnasii und Collegii Sapientiae anwenden sollen.
62. Obhöchstgedachte Ihro Churfürstliche Durchlaucht wollen auch nicht gestatten, daß die Verwaltung der Universitet ein mehrers, als sie Anno 1685 gezogen, jährlich entrichten oder von einem alten Rückstand praetensiones gemacht werden, indeme sie selbst nichts genossen.
63. Und gleichwie die Verwaltung pari numero religionis von Reformirten und Catholischen an-jetzo angeordnet worden und derselben Unterbediente in fünf siebenden Theil Reformirten bestehen werden; Als wollen Ihro Churfürstliche Durchlaucht bey jedesmahliger Vacantz selbige wieder mit Reformirten besetzen und der Reformirten Kirchen= und Verwaltungs=Räthen unterth[äni]gsten Vorschlag jeder Zeit deswegen erwarten und den Tüchtigsten annehmen. Wo aber die Corpora durch Admodiationes, gleichwie bishero, administrirt werden, solle nicht auf die Religion, sondern auf die Meistbietende reflectirt, jedoch keine Geistliche von Beyderseits Religionen darzu admittirt werden.
64. Denen reformirten Pfarrern und Schuldieneren wollen Ihro Churfürstliche Durchlaucht gleiche Freyheit und Immunitet von allen oneribus genisen lassen, als von Schatzung, Pacht und Frohn und allen übrigen Lasten, wovon sie unter denen ihrer eigenen Religion zugethanen Herrschaften befreyet seind, und
65. Sie sub praetextu juris patronatus collaturae, so bey deroselben Vorfahren denen Churfirsten Pfaltzgrafen Carl Ludwig und Carl christmildesten Andenkens nicht in Observantz gewesen, ahn ihren Functionen nicht hindern lassen.
66. Versprechen und wollen Ihro Churfürstliche Durchlaucht auch, daß es mit dem Oberambt Germersheim auf nahfolgende weiß gehalten werden solle, nehmlich daß wegen der Gewißens= Freyheit, Ehesachen, ungehinderten Exercitii publici cum annexis et privati, an allen und jeden Orthen dieses Oberambts der Geistlichen Jurisdiction, jurium parochi alium et curae animarum, Aufrichtung neuer Kirchen mit Thurnen, Glocken und Zubehörungen, Schulen, Pfarr= und Schul= Häuser eben auf denselbigen Fuß gehalten werden solle, wie Ihro Churfürstliche Durchlaucht solches in dero übrigen Chur=Pfältzischen Landen zu halten unter heutigem dato declariret haben, zu dessen folge
67. Dem reformirten Kirchen=Rath, so viel Pfarrer und Schuldiener in gemeltem Oberambt an-zuordnen, als von denselben nöthig zu seyn erachtet wird, erlaubt und zugesagt seyn solle.
68. Zu denen jenigen Kirchen, so die Reformirte weitere in gedachtem Oberambt Germersheimb bauen werden, das darzu nöthige Holtz aus der nechsten Waldung gratis hergeben zu lassen.
69. So viel die Stiffter, Praelaturen und Abteyen zu Eußertal, Hörd, Seltz, Clingenmünster und Germersheimb angehet, behalten selbige die Catholische sambt denen dabey befindlichen Stiffts= oder Closter=Kirchen nebenst allen darzu gehörigen Renten und Gefällen privative, hingegen
70. Bleiben denen Reformirten und Evangelisch=Lutherischen alle diejenige Kirchen, wie sie selbige anjetzo besitzen, wobey ihnen die Kirchen zu Impflingen, Schwechenheim und Godramstein auch privative einzuraumen, gestalten mehrhöchstgedachte Ihro Churfürstliche Durchlaucht dann auch gnädigst verwilligen,
71. Daß vor allen übrigen sich in gemelten Oberambt befindlichen geistlichen Corporibus, wie selbige Anno 1675 unter der Verwaltung gestanden, zu Unterhaltung der nöthigen Prediger ein dritter Theil denen Reformirten zukommen und gleich übrigen geistlichen Güthern nach Inhalt obiger Declaration verwaltet werden mögen.
72. Dahingegen Ihro Königliche Majestät in Preussen geloben und versprechen, daß sie wegen der zu Regenspurg auf dem Reichs=Convent vorgekommenen Chur=Pfältzischen Religi-ons=Gravaminum keine weitere Klagten führen, auch im Fall derentwillen anderwerts was vorkommen sollte, Seine Königliche Majestät selbige, so viel möglich, bis zur Comitial Decision ablehnen und sich mit deme, so in vor oft erwehnter Declaration enthalten, allerdings befriedigen wollen, wobey Ihro Königliche Majestät weiters
73. Wegen der von Ihrer Churfürstlichen Durchlaucht auf Seiner Majestät Intercessiones zu Dämpfung der bereits zimblich eingerissener Religions=Irrungen und Ablehnung aller etwan ferners daraus zu befahren geweßenen Unordnungen gegebener Declaration und bezeugten freund=vetterlichen Willfährigkeit hiemit declariren und versprechen, daß Ihro Königliche Majestät in Ihren Landen bey deren hergebrachten Rechten manuteniren und vor sie, gleichwie bishero, also auch ferners, allen möglichsten egard und consideration haben wollen.
Dessen allen zu wahren Urkund seind gegenwärtigen Recesses zwey gleichlautende Exemplaria verfertiget und mit beyderseits hierzu verordnet und deputirter Ministrorum eygenhändiger Unterschrift und fürgetruckten Pettschaften bekräftiget und paciscirt worden, daß beyderseits gnädigster Hoher Principalen ratificationes so bald möglich gegeneinander ausgewechselt werden sollen.
So geschehen Düsseldorf, den 21. Novembris 1705.
Frh. v. Blaspiel Frh. v. Schaesberg Von Burchard Frh. v. Gise
c) Das Teilungsverfahren
Während für die Hauptstädte (z. B. Heidelberg) und die Oberamtsstädte (z. B. Oppenheim) besondere Kirchenverteilungen beschlossen wurden, galt das folgende allgemeine Verteilungsverfahren für die Orte, zu denen die Orte des Ingelheimer Grundes gehörten:
Alle anderen Gotteshäuser teilte man in vier verschiedene Klassen ein: Solche, bei denen noch reformierte Prediger wohnten, gut erhaltene Filialkirchen, weniger gut erhaltene Filialkirchen und zerstörte Gotteshäuser. In einer Inspektion (Oberamtsbezirk; Gs) sollten je sieben Kirchen derselben Klasse zusammengefaßt werden. Daraus konnten die Reformierten die erste und dritte, die Katholiken die zweite und vierte wählen. Die drei letzten Gotteshäuser bekamen jeweils wieder die Protestanten. Pfarrhäuser und Schulen, Pfarrgüter und Einkünfte, die 1685 zu diesen Kirchen gehörten, verblieben auch nach der Teilung dabei und fielen an den neuen katholischen oder reformierten Besitzer. (Hans S. 375)
Das bedeutete, dass sich die Konfessionen über ihren Ort hinaus mit anderen Orten des Oberamtes über ihren Zugriffe einigen mussten. Die Remigiuskirche und die Burgkirche gehörten sicherlich zur ersten Klasse, während die Saalkirchenruine zur vierten Klasse gehörte.
Der Teilungsprozess für das Amt Oppenheim begann am 20. September 1706 mit dem Eintreffen der Kommission. Die Teilungskonferenz fand aber in Kaub statt "wegen der unsicheren Situation... wegen umherschweifender französischer Soldaten"! Über sonstige Probleme bei der Aufteilung der Kirchen im Ingelheimer Grund ist nichts bekannt, abgesehen von einer Kontroverse über den ehemaligen Besitz des Klosters St. Maximin in Schwabenheim (Hans S. 391/2).
Die praktische Durchführung der Teilung wurde allerdings vielerorts bis 1707 durch Pfälzer Beamte hinausgezögert, bis die preußische Regierung durch Repressalien an Katholiken im eigenen Land wieder Druck machte. Und da dies den außenpolitischen Ambitionen des Kurfürsten entgegenlief, machte er nun seinerseits seiner Regierung und den zuständigen Beamten Druck, dass die Kirchenteilung wirklich durchgeführt wurde.
d) Beurteilung
Auch wenn hier nicht der Ort für eine ausführliche Würdigung dieses Vertrages ist, so soll doch der Versuch einer Beurteilung gemacht werden.
In Anbetracht der wechselhaften und konfliktreichen Geschichte, durch die die Pfälzer Kurfürsten und die konfessionellen Bevölkerungsgruppen seit dem 16. Jahrhundert, dem Jahrhundert der Reformation, gegangen waren, gestaltete sich die Regelung der Konfliktbereiche natürlich sehr schwieirig, zumal die Außenpolitik immer wieder Druck auf die Verhandlungen ausübte. Denn das Ergebnis konnte ja keine einseitige Pfälzer Erklärung sein, was der oft benutzte Titel "Religionsdeklaration" (aus der Einleitung) vorspiegelt, sondern die Verhandlungen mussten in eine pfälzisch-preußische Übereinkunft münden, eigentlich also in einen zwischenstaatlichen Vertrag, den Johann Wilhelm aber als solchen kategorisch ablehnte. Diese Übereinkunft wurde deshalb im Einleitungssatz diplomatisch Religions-Deklaration genannt, die auf Empfehlung ("Recommendation") Preußens zustande gekommen sei.
Diese Regelung konnte nur einen vielfachen Kompromiss darstellen, mit dem die beteiligen Konfessionen nicht völlig zufrieden sein konnten. Aus dieser Unzufriedenheit vor Ort speisten sich die folgende Kritik und die Versuche, ihre Durchführung stellenweise zu verhindern. Aber schließlich wurden die Regelungen wie vorgesehen praktiziert und die drei Konfessionen in der Kurpfalz lernten im Laufe der Zeit, friedlich zusammenzuleben.
e) Das Ingelheimer Teilungsrgebnis
Insgesamt kamen die Reformierten in Ober-Ingelheim mit der Burgkirche sehr gut weg und die arme katholische Gemeinde musste sich eine eigene, kleine Kirche bauen (St. Michael). Und der Vorteil der Katholiken in Nieder-Ingelheim, die die bestehende Kirche, die frühere Kirche St. Remigius, zugeteilt bekamen, während die Reformierten sich aus der Saalkirchenruineeine neue Kirche bauen mussten, erwies sich schnell als ein nur scheinbarer Vorteil. Denn St. Remigius war so baufällig, dass auch diese Kirche 1740 neu errichtet werden musste und dabei auch kleiner ausfiel. Durch die Aufteilung des Kirchenvermögens im Verhältnis 5:2 waren die reformierten Gemeinden in beiden Ingelheim sicher die finanzkräftigeren. Am ärmsten von den drei Konfessionen waren jedenfalls die Lutherischen, die keinen Anteil am aufgeteilten Kirchenvermögen bekamen, sondern ihre Kirchen aus eigene, sehr begrenzten Mitteln errichten mussten.
Der Glockenstreit (am Ende der Seite zur Remigiuskirche) um die Benutzung des Kirchturmes von St. Remigius und seiner Glocken in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist noch ein später Nachhall der Konflikte fast zwei Jahrhunderte zuvor, obwohl damals geregelt worden war, dass die Kirchtürme mit den Glocken und die Friedhöfe dem (neuen) Besitzer der Kirche gehörten. Die andere Konfession sollte sie aber gegen eine Gebühr mitbenutzen dürfen.
Gs, erstmals: 22.01.20; Stand: 21.03.21