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Die Huldigungsurkunde vom 7. Mai 1376

 

Autor: Hartmut Geißler

aus: Loersch, S. 507,
und eigenen Recherchen

Im Jahre 1376 huldigten Schultheiß, Schöffen und die Gemeinden Ober-Ingelheim, Nieder-Ingelheim und (Groß-)Winternheim ihrem neuen Herrn, dem Pfalzgrafen bei Rhein, nachdem König und Kaiser Karl IV. Oppenheim, Odernheim, Schwabsburg, Nierstein und den Ingelheimer Grund im Jahr 1375 an die Kurpfalz verpfändet hatte, d. h., sie erkannten nun die neue Herrschaft durch einen Treueid an. Wenn sie sich in Ober-Ingelheim versammelten, dann geschah wahrscheinlich vor der Burgkirche, weil Huldigungen später dort sicher stattfanden; wenn in Nieder-Ingelheim, dann wahrscheinlich im Saal.

Wie diese Urkunde und andere auch zeigen, vertraten damals die Schultheißen und Schöffen den Ingelheimer Grund nach außen, bzw. hier gegenüber ihrem neuen Lehensherrn.

"Wir der scholtheiße, scheffen und gemeynden gemeynlichen zu Obir Ingelnheim, zu Nyder Ingelnheim und zu Winterheim bekennen und tun kunt offenbar mit disem bryve allen den, die yn sehin oder horin lesin, wann der allerdurchluchtigste furste und herre her Karl Romscher keyser, zu allen zijten merer des richs und kunig zu Beheim, unsir lieber gnediger herre, dem durchluchtigsten fursten unserm gnedigem hern hern Ruprecht dem eltern pfaltzgrave by Ryn, des heiligen Romschen richs obirstem trothseßen und hertzog in Beyern, und hertzog Ruprecht dem jungsten, hertzog Adolffs seligen sins bruders enckelen, Oppinheim und Odernheim, burge und stete, Swabsberg die burg, Nyrstein, Ingelnheim und Ingelnheim, Winterheim und andere dorffere, die darzu gehorint, mit allen nutzen, zollen und zugehorungen ingeben, bevolen und in sinen keyserlichen bryven verschriben hat, die von worte zu worte hernach geschriben stent: [folgt Urkunde von 1375, Februar 12.]

des haben wir die obgenanten scholtheiße, scheffen und die gemeynden gemeynlichen zu Obir Ingelnheim, zu Nyder Ingelnheim und zu Winterheim furgenanten und die dorffere und lute, die darzu gehorint, von geheiße und gebodte des obgenanten unsers gnedigen herren des keysers dem obgenanten unserm gnedigen hern hertzog Ruprecht dem eltern und hertzog Ruprecht dem jungsten, hertzog Adolffs seligen sins bruder enckelen, fur uns und alle unsir nachkomen gehuldet, globt und gesworen und auch in der selben hulden verliben und bygesten nach lute und sage des obgenanten unsers hern des keysers bryve, ane argelist und geverde. Und zu urkunde und vestir stetikeit so han wir Heylman von Prumheim der alde, Heinrich von Stegen, Berchtold von Rabenspurg, Heylman von Prumheim der junge und Johan von Brubach, rittere, Karl Buser von Ingelnheim, Berchtold hern Billunges son von Ingelnheim, Frederich von Winterheim, Henne Specbrade, Ebirhard Kesselhud, Henne Fulschußel und Gotsman, edilknechte, scheffen in den obgenanten dorfferen und die darzu gehorint, unsir yglicher sin ingesigel fur uns und unsir nachkomen scheffen und die gemeynden gemeynlichen obgenanten durch ire flißelichen beden willen an disen brieff gehangen, des wir die andere scheffen, Clas an dem Valdor und Clas Judenecke, und die gemeynden gemeynlichen in den obgenanten dorfferen, die darzu gehorint, fur uns und unsir nachkomen erkennen undir der obgenanten ingesigel aller stucke, die fur geschriben stent, want wir zu dirre zijt keyn gemeyn ingesigel haben.

Geben nach Crists geburte drutzenhundert jare, darnach in dem sehs und sybentzigstem jare, an der mitwochen fur sant Pancracien tage.“

Übertragung ins Neuhochdeutsche (Gs.):

"Wir, der Schultheiß, die Schöffen und Gemeinden, gemeinsam zu Ober-Ingelheim, zu Nieder-Ingelheim und zu Winternheim, bekennen und tun allen denjenigen mit diesem Briefe kund, die ihn sehen oder hören, lesen, weil der allerdurchlauchtigste Fürst und Herr, Herr Karl, Römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reiches und König zu Böhmen, unser[em] liebe[n] gnädigen Herr[n], dem durchlauchtigsten Fürsten, unserem gnädigsten Herrn, Herrn Ruprecht, dem älteren, Pfalzgraf bei Rhein, des Hl. Römischen Reiches oberstem Truchsessen und Herzog in Bayern, und Herzog Ruprecht, dem jüngsten, Herzog Adolfs, Enkel seines seligen Bruders,Oppenheim und Odernheim, die Burgen und die Städte,Schwabsberg, die Burg, Nierstein, Ingelheim und Ingelheim, Winternheim und die anderen Dörfer, die dazu gehören, mit aller Nutzung, Zöllen und Zubehör gegeben, anbefohlen und in seinen kaiserlichen Urkunden überschrieben hat, die wortwörtlich hiernach geschrieben stehen [folgt der Urkundentext].

Dessen (dem entsprechend) haben wir, die oben genannten Schultheiß, Schöffen und die Gemeinden, gemeinsam zu Ober-Ingelheim, zu Nieder-Ingelheim und zu Winternheim, die vorher genannten, und die Dörfer und Leute, die dazu gehören, aufgrund des Geheißes und Gebots des oben genannten, unseres gnädigen Herrn, des Kaisers, dem oben genannten, unserem gnädigen Herrn Herzog Ruprecht, dem älteren, und Herzog Ruprecht, dem jüngsten, Herzog Adolfs seligen Großneffen, für uns und alle unsere Nachkommen gehuldigt, gelobt und geschworen und auch in derselben Huld verbleiben und beistehen nach dem Wortlaut der oben genannten Urkunden unseres Herrn, des Kaisers, ohne Arglist und "Gefährde" (= Betrug). Und als Urkunde und zur festen Dauer so haben wir, die Ritter Heylman von Praunheim, der alte, Heinrich von Stegen, Berchtold von Rabensburg, Heylman von Praunheim, der junge, und Johann von Braubach [und] die Edelknechte, Schöffen in den oben genannten Dörfern und die dazu gehören, Karl Beuser von Ingelheim, Berchtold von Ingelheim, Herrn Billungs Sohn, Friedrich von Winternheim, Henne [Johannes] von Speckbrade, Eberhard Kesselhut, Henne Fulschussel und Gotsman unser jeglicher sein Siegel für uns und unsere Nachkommen, Schöffen und die Gemeinden gemeinsam, wie oben genannt, durch ihren fleißigen erbetenen Willen an diese Urkunde gehängt, des[gleichen] wir, die anderen Schöffen, Clas an dem Walltor und Clas Judenecke, und die Gemeinden gemeinsam in den oben genannten Dörfern, die dazu gehören, für uns und unsere Nachkommen unter den oben genannten Siegeln alle Bestimmungen [an]erkennen, die vorher geschrieben stehen, weil wir zu dieser Zeit kein allgemeines Siegel haben.

Gegeben 1376 nach Christi Geburt, am Mittwoch vor Sankt Pankratius"

Gesiegelt haben die Ritter:

- Heilmann von Praunheim sen; (er oder sein Sohn hatte Besitz in Frankfurt, huldigte 1380 der Stadt F.; war er als Erstgenannter der Ingelheimer Schultheiß? Gs),
- Heinrich von Stegen,
- Berchtold von Ravensburg,
- Heilmann von Praunheim iun.,
- Johann von Braubach;

und die Edelknechte und Schöffen:
- Karl Buser von Ingelheim (ein Karl Beuser ist im Echter-Stammbaum mit Todesjahr 1370 enthalten),
- Berchtold von Ingelheim (Billungs Sohn) (ein Billung v. I. wird in Echters Stammbaum als Ritter 1334 und 1345 erwähnt),
- Friedrich von Winternheim,
- Henne (=Johann) Speckbrade,
- Eberhard Kesselhut,
- Henne Fulschussel,
- "Gotsman" (ein Siegfried Sternberg, der als Gerichtsschreiber im 15. Jh. überliefert ist, wurde auch so genannt.);
- Clas an dem Walltor,
- Clas Judenecke

"Edelknechte" waren auch Adlige, aber (noch) nicht zum Ritter geschlagene.

Ein "Walltor" ist bisher aus keinem dieser drei Orte bekannt, zumal alle Ortstore hier Pforten genannt wurden. Sollte ein Falltor gemeint sein, also eine Zugbrücke, dann könnte dieser Clas, der auch in früheren Urkunden so genannt wurde, an der Eingangsbefestigung des Saales gewohnt haben.

Der Unterscheidungsname „Judenecke“ verweist darauf, dass schon damals Juden im Ingelheimer Grund ansässig gewesen (?) waren, vielleicht in der Judengasse, dem unteren Teil der heutigen Heimesgasse in Ober-Ingelheim.

Loersch stellte fest, dass von 1440 bis zum Ende dieses 15. Jahrhunderts stets drei Nichtadlige neben elf Adligen Schöffen waren (S. XCI). Er hält die Vertretung beider Bevölkerungsteile in der von ihm untersuchten Zeit für durchgängig und weist dies auch in der schriftlich erhaltenen Anrede des Oberhofs in den vier Anfragen aus Vendersheim nach, wo es stets hieß:

"Ehrsame, liebe Herren, Schultheißen und Schöffen, Ritter, Knechte und Bürger des ehrsamen Gerichts zu Ingelheim".

Erst ab dem 16. Jahrhundert gelang es nach Loersch dem Adel, die Nichtadligen völlig aus dem Schöffengremium zu verdrängen. Daraus entsprang ein jahrzehntelanger Streit zwischen Adel und Nichtadligen, der erst 1609 durch den Schiedsspruch in Heidelberg zugunsten der Adligen beendet wurde.

 

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Gs, erstmals: 15.12.08; Stand: 01.04.23