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Die Bevölkerung Rheinhessens und Ingelheims - ihr Wachstum und ihre Verteilung auf Wirtschaftsgruppen in den Jahren 1861 und 1925


Autor: Hartmut Geißler
nach Hans Bentz


Für die vier Ingelheimer Orte (und ihre Nachbarorte) ermittelt Bentz folgende Zahlen im Vergleich der Jahre 1925 mit 1861, unter Berücksichtigung verschiedener Gruppen (A, B, C, D) S. 48 und für GW S. 82:

Erklärung:
E = Einwohner; A = Landwirtschaft, B = Industrie, C = Handel und Verkehr, D = nicht materielle Berufe


Daraus ergibt sich, dass die fünf Orte des heutigen Ingelheim alle im Zeitraum von 1861 bis 1925 einen Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen haben, Heidesheim sogar einen sehr großen,

  und zwar in          von 1861 bis 1925
- Nieder-Ingelheim  von 2352 auf 4348, d.h. um 84,9%
- Ober-Ingelheim     von 2673 auf 3680, d.h. um 37,4%
- Frei-Weinheim       von  606 auf 1014, d.h. um 67,3%
- Heidesheim           von 1669 auf 3495, d.h. um 109,0% (!)
- Wackernheim         von  751 auf   870, d.h. um   15,8%

- Großwinternheim jedoch erlebte einen kleinen Bevölkerungsverlust, nämlich von 811 auf 805, d. h. um 0,7%. Diese Abwanderung aus Groß-Winternheim hat sich vor allem in den industriellen Berufen abgespielt, in dem die Beschäftigung von 25,6% auf 10,7% gesunken sind, während der Anteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten sogar noch angestiegen ist, von 502 auf 582 Beschäftigte. Sind diese Personen nach Nieder-Ingelheim und Frei-Weinheim umgezogen?

Die folgenden Daten hat Bentz aus der Berufszählung vom 16. Juni 1925 für alle rheinhessischen Gemeinden zusammengestellt. Daraus werden hier die Ingelheim betreffenden Daten wiedergegeben.

Legende für die Berufsgruppen der vier Ingelheimer Orte und dreier Nachbargemeinden in römischen Zahlen:

I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
XIII
XIV
XV
XVI
XVII
XVIII
XIX
XX
XXI
XXII
XXIII
XXIV
XXV
XXVI
XXVII
XXVIII

Landwirtschaft, Gärtnerei und Tierzucht
Forstwirtschaft und Fischerei
Bergbau, Salinenwesen und Torfgräberei
Industrie der Steine und Erden
Eisen- und Metallgewinnung
Herstellung von Eisen-, Stahl- und Metallwaren
Maschinen-, Apparate- und Fahrzeugbau
Elektrotechnische Industrie, Feinmechanik und Optik
Chemische Industrie
Textilindustrie
Papierindustrie und Vervielfältigungsgewerbe
Lederindustrie und Linoleumsindustrie
Kautschukindustrie und Asbestindustrie
Holz- und Schnitzstoffgewerbe
Musikinstrumenten- und Spielwarenindustrie
Nahrungs- und Genußmittelgewerbe
Bekleidungsgewerbe
Baugewerbe (einschl. der Baunebengewerbe)
Wasser-, Gas- und Elektrizitätsgewinnung und -versorgung
Handelsgewerbe
Versicherungswesen
Verkehrswesen
Gast- und Schankwirtschaftsgewerbe
Verwaltung, Heerwesen, Kirche, freie Berufsarten
Gesundheitswesen und hygienische Gewerbe einschl. Wohlfahrtspflege
Häusliche Dienste u. Erwerbstätigk. ohne feste Stellung oder ohne Angabe der Betriebszugehörigkeit
Ohne Beruf und Berufsangabe

IIIIIIIVVVIVIIVIIIIXXXIXIIXIII
Heidesheim10001310-6116713484929-
Wackernheim553----12814-1--
Nieder-Ingelheim11713-102-8015754721517162
Ober-Ingelheim1204--32-6511946329536121
Frei-Weinheim362--5-15307205-12-
Großwinternheim 
582--4-63-7-4--
Gau-Algesheim1167--30-473127143-2214-
XIVXVXVIXVIIXVIIIIXXXXXXIXXIIXXIIIXXIVXXVXXVIXXVII
Heidesheim118-9966141-1431858291414486424
Wackernh.36-141045332-6231862631
Ni-Ingelh.100-159932277830164682412635125272
Ob-Ingelh.8921608524011442-2481218242112206
Fr.-Weinh.27-261160-601101812131355
Großwint.9-16923627-4222422514
Gau-Algesh.82554661447265-52522914161284

 

Die Summen aller hierbei erfassten Berufstätigen betragen für

NI  -  4097
OI  -  3680
FW -  1015
GW -   805
HH  - 3495
WA -   865


Auswertung
:
Von allen (heute) sechs Ingelheimer Orten sind im Jahre 1925 Groß-Winternheim und Wackernheim noch überwiegend landwirtschaftlich geprägt (Ziffer I); hier arbeiteten damals noch fast drei Viertel (72,3%) bzw. zwei Drittel (63,9%) der Erwerbspersonen in der Landwirtschaft und nur 27,7% bzw. 36,1% in anderen Berufen (mit dem Schwerpunkt Verkehr/Handel).

In allen anderen Orten (NI, OI, HH und FW) machte der landwirtschaftliche Erwerbssektor nur noch weniger als ein Drittel aus.

Der hohe Anteil von Personen im "Handelsgewerbe" (Ziffer XXII) in Heidesheim dürfte mit dem Zuzug vieler Eisenbahner zu erklären sein.

Führend im industriellen Sektor ist Nieder-Ingelheim, wo die meiste Industrie angesiedelt war, die allerdings auch für Einwohner von Ober-Ingelheim fußläufig und mit dem Zuckerlottchen zu erreichen war, leichter noch mit Fahrrädern, die 1925 schon für weite Bevölkerungskreise erschwinglich waren.

Die Chemische Industrie (Ziffer IX) steht dabei an der Spitze der Beschäftigten mit
- 721 in NI  (= 17,6%)
- 329 in OI  (=   8,9%)
- 205 in FW (= 20,2%)

Bedeutend als in diesen drei Orten ist in Heidesheim die Zahl der Beschäftigten im Verkehrswesen (Ziffer XXII):
- HH 858
- NI  468
- OI  248
- FW 101

In Ober-Ingelheim dominiert das Handelsgewerbe (Ziffer XX) mit 442 Personen = 12,0% in, es war der Standort des Weinhandels.


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Gs, erstmals: 26.11.07; Stand: 28.03.21