Verfasserin: Margarethe Köhler
Historische Spuren
Der historische und zugleich legendäre Herzog Ernst II. von Schwaben, etwa 1010 geboren, war der Sohn und Erbe des Babenbergers Ernst I., der 1015 bei einem Jagdunfall ums Leben kam. Der minderjährige Ernst II. trat unter der Vormundschaft seiner Mutter und seines Onkels, Erzbischof Pippo von Trier, die Nachfolge seines Vaters an. Im Jahre 1016 vermählte sich seine Mutter Gisela in dritter Ehe mit dem Salier Konrad dem Älteren, der 1024 in Mainz zum König und 1027 in Rom zum Kaiser (Konrad II.) gekrönt wurde. Es kam zu Spannungen zwischen Konrad und seinem Stiefsohn. Bereits 1025 trat Ernst in Opposition zum König. Er musste sich 1027 unterwerfen und kam in Haft.
Die Ingelheimer Pfalz wurde 1030 Schauplatz einer Verhandlung, auf der für ihn schicksalhafte Entscheidungen fielen. Aus der ››Vita Chuonradi‹‹ des Hofkaplans Wipo wissen wir, was sich in diesem ereignisreichen Jahr in Ingelheim abgespielt hat.
Konrad hatte das Osterfest in seiner Pfalz gefeiert und alle Reichsfürsten waren geladen. Christian Rauch schildert in „Die Geschichte der Ingelheimer Königs- und Kaiserpfalz“ dieses Ereignis folgendermaßen:
»In der weltlichen Versammlung von 1030, deren Tagung wir uns wieder in der aula regia zu denken haben, wird Herzog Ernst von Schwaben zwar zunächst aus der Haft entlassen, dann aber, als er sich nicht fügen will, durch Urteilsspruch der versammelten Fürsten des Hochverrats schuldig gesprochen. Sein Herzogtum wurde ihm aberkannt. Er entweicht mit wenigen Getreuen. Auf die Anordnung des Kaisers und nach dem Ratschluss aller Fürsten sprechen auch die Bischöfe [...] den Kirchenbann über ihn und alle Rechts- und Friedensstörer aus.«
Der Hochverrat bestand demnach darin, dass Ernst sich nicht von seinem Freund und Waffenbruder Werner (Wetzel) von Kyburg lossagen wollte. Werner hatte Herzog Ernst bereits seit 1025 Waffenhilfe gegen Konrad geleistet. Im Gegensatz zu Ernst hatte er sich 1027 dem Kaiser nicht unterworfen. Nach der Eroberung seiner Kyburg bei Winterthur konnte er entkommen und setzte seinen Widerstand als Geächteter fort.
Werner, der in der Chronik Hermanns des Lahmen als Haupt der Rebellion bezeichnet wird, muss großen Einfluss auf den knapp zwanzigjährigen Herzog Ernst gehabt haben. Nachdem beide der Reichsacht verfallen und ihrer Güter ledig waren, suchten sie Zuflucht auf der Falkenburg bei Schramberg. Durch den Verlust ihrer Güter sahen sie sich und ihre Mannen ihrer materiellen Existenzgrundlage beraubt. Sie besorgten sich ihren Unterhalt durch Raubzüge. Ernst und Werner wurden schließlich aufgespürt und fielen beide am 17. August 1030 in einem Gefecht auf der Baar, einer Landschaft um Donaueschingen.
Vom Hochverräter zum Helden
Neben Wipos »Leben Konrads II.« gibt u. a. auch das »Chronicon« des Hermann von Reichenau einige Auskünfte über das Schicksal Ernsts und seines Gefährten Werner von Kyburg.
In der Überlieferung haben die Personen, Schauplätze und Handlungen im Laufe der Zeit wundersame Verwandlungen erfahren. Das tragische Schicksal des jungen Herzogs brachte ihm die Sympathie des Volkes ein und sicherte sein bleibendes Andenken. Der Vorwurf des Hochverrats verblasste schließlich vor dem Beweis der Freundestreue, den er gegenüber Werner erbracht hatte.
Um 1180 entstand die Herzog-Ernst-Sage als vorhöfisches Epos eines unbekannten Autors. Die Kreuzzüge hatten begonnen, die das Denken und Trachten sowohl der höfisch-ritterlichen Gesellschaft als auch des Volkes zu beherrschen.
Siehe rechts: Beiträge zur Ingelheimer Geschichte, Heft 48
So lag es nahe, die Herzog-Ernst-Geschichte fortzuspinnen. Der Held unternahm - im Unterschied zur historischen Figur - eine Fahrt ins Heilige Land und erlebte phantastische Abenteuer.
Abbildungen: Museum bei der Kaiserpfalz und Hist. Verein
Gs, erstmals: 20.03.06; Stand: 15.03.21