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Ober-Ingelheim Schulen im 19. Jahrhundert


Autor und Fotos: Hartmut Geißler

ausführlich in Geißler, Volksschulgeschichte, BIG 56, S. 154 ff.

 

Die konfessionellen Vorgängerschulen

Wie in Nieder-Ingelheim gab es auch in Ober-Ingelheim vor der Einrichtung einer "Communalschule" (konfessionsübergreifende Simultanschule) im Jahr 1875 nur konfessionelle Schulen, die den konfessionellen Gemeinden gehörten und unterstanden. Und da den Reformierten bei der Pfälzer Kirchenteilung 1705/7 die (heutige) Burgkirche zugeteilt wurde, bekamen sie auch das damit verbundene Schulgelände links von der Kirche, wo heute das evangelische Gemeindehaus steht. Es wurde daher zur reformierten Schule, zu Anfang einstöckig, mit Wirtschaftsgebäuden dahinter.

Die Katholiken von Ober-Ingelheim mussten sich danach eine neue Kirche bauen, die Kirche St. Michael am Neuweg, und eine eigene Schule suchen. Zuerst fand der Unterricht provisorisch in einem Gebäude an der Ringgasse statt, in einem baufälligen, ehemaligen Fest-, Tanz- und Schießhaus.

Die erste Spur einer katholischen Schule findet sich im ersten Ober-Ingelheimer Brandkataster von 1817, wo die Grundstücke aber nicht nach Straßen, sondern nach fortlaufenden Nummern geordnet sind. Und darin wird der Abriss einer zweistöckigen katholischen Schule für das Jahr 1824 notiert, die irgendwo inmitten auf der Häuser der unteren Stiegelgasse lag.

Diese Schule konnte jedoch abgerissen werden, weil es der katholischen Gemeinde gelungen war, vom Baron Carl von Horneck, in Mainz lebend, aber noch in Ober-Ingelheim begütert, ein Grundstück für einen Schulneubau geschenkt zu bekommen, und zwar an der Ecke Oberer/Unterer Schenkgarten, heute zum Weingut Dautermann gehörend. Dort wurde 1824/25 ein neues katholisches Schulhaus mit Nebengebäuden erbaut, das bis heute erhalten und schön restauriert ist.

Seine Eingangstür liegt mittig in der Gebäudefront, zwischen zweimal drei Fenstern.

Auch die kleine lutherische Gemeinde von Ober-Ingelheim hatte sich ein eigenes Kirchlein mit einer kleinen Schule am Neuweg bauen können. Aber als sich die reformierte Kirche mit der lutherischen im Großherzogtum Hessen 1822 zur "Vereinigten Evangelischen Kirche" zusammenschloss, wurden die baufällige luth. Kirche und Schule abgerissen und auf ihrem Grundstück wurde die zweite evangelische Schule von Ober-Ingelheim errichtet, heute das Wohnhaus Neuweg Nr. 25:
 


Es ist der Schulbau, für den die Bauzeichnungen in Mainz entworfen wurden, mit den damals üblichen Gebäuden und Grundrissen. Der Straßeneingang liegt auch hier zwischen zweimal vier Fenstern, denn die Planung wurde noch verändert.

Außerdem gab es für die evangelischen Schüler die Ober-Ingelheimer Ursprungsschule bei der Kirche. Sie war damals einstöckig. Und weil beide evangelischen Schulen zusammen für die wachsenden Schülerzahlen nicht mehr ausreichten, wurde schließlich 1859 dieses Schulhaus umgebaut und zweistöckig neu errichtet. In dieser Form ist es bis heute erhalten, allerdings zur neuen Nutzung als Gemeindehaus mehrfach umgebaut.

 


Man erkennt die zweimal vier Fenster für zwei Unterrichtsräume übereinander und auf der Stirnseite ein zugemauertes Fenster in der Mitte des ersten Stockwerkes sowie einen ursprünglich größeren Eingang darunter im Erdgeschoss. Da die Lehrer für diese Schule nicht mehr in diesem Gebäude zu wohnen brauchten, war es ausschließlich für den Unterricht benutzbar.

Ganz ähnlich wurde auch das zweite Schulhaus für die katholischen Schüler gebaut, zehn Jahre später (1869) im Jungfernpfad 12. Es wurde nach der Umorganisation zur Gemeindeschule weiterhin als Schulhaus gebraucht, in ihm fand auch nach 1945 Unterricht statt. Heute ist es ein privates Wohnhaus.

 

Die Präsident-Mohr-Schule

Nach Inkrafttreten des hessischen Schulgesetzes 1875 bemühten sich auch Ober-Ingelheimer Kommunalpolitiker um die Einrichtung einer kostengünstigeren konfessionsübergreifenden Gemeindeschule. Wie in Nieder-Ingelheim reichte keiner der vorhandenen Schulstandorte dafür aus, sodass man sich auf die Suche nach einem Platz für einen Neubau machte. Diesen fand man schließlich auf dem Gelände einer Gemeindebleiche, da wo die heutige Präsident-Mohr-Schule steht.


Heute lautet ihre postalische Adresse Schulstraße 12. Ihr erster Bau wurde 1878 errichtet und auch hier brauchte man bald darauf (1894) einen Erweiterungsbau. Während der erste Bau durch Neubauten so stark verändert wurde, dass er kaum mehr zu erkennen ist, blieb der Erweiterungsbau in seinem Erscheinungsbild weitgehend erhalten und ist auf dem Foto dargestellt.

Ihren heutigen Namen erhielt sie 1948, einhundert Jahre nach dem Zusammentritt der Paulskirchenversammlung, nach dem linksliberalen Ober-Ingelheimer Paulskirchenabgeordneten und zeitweiligen Präsidenten des Hessischen Landtages Dr. Martin Mohr.

 

 

 

 

 

 

 

 

Die zum hinteren Hof hinausführende Türöffnung, in deren Rahmen die neuere Türkonstruktion nur widerwillig hineinpasst, nennt in ihrem historisierenden Türsturz das Jahr 1893, in dem wahrscheinlich der Bau begonnen wurde. Fertig gestellt war die Schule ein Jahr später, eingeweiht wurde sie am 5. November 1894. 

 

Zu den Zeitungsberichten über die Einweihungsfeiern 1878 und 1894

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Gs, erstmals: 08.06.07; Stand: 21.03.21