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Der "Ernst-Eleonoren-Baum" in der Uffhubstraße


Autor: Hartmut Geißler


Die „Uffhub“, seit 1860 amtlich verhochdeutscht „Aufhofstraße“, zieht sich von der Stiegelgasse bis zum „Uffhubtor“ hinauf. Ihr Name, dessen Deutung umstritten ist, erscheint erstmals in einer Urkunde von 1360 als „uffhobin“, 1381 „in der offhouen bie Rorichs baume“, später auch als „Offhoben“ (so 1477 und 1478 im Ober-Ingelheimer Haderbuch), „Offhoffen“, „Offhobin“, „Offhob“, „Uffhob“, 1593 als "Uffhober gass“, 1622 als "Offhufstraßin“.

Hier gab es seit dem Mittelalter mehrere Hofstellen, Gärten und Weinberge. Der ungewöhnlich gewundene Lauf der Straße hat sich wohl der Lage der Höfe – an günstigen Plätzen mit Quellen oder Brunnen – angepasst.

1650 lebten hier zwölf Familien mit 72 Personen. 1886 vernichteten mehrere Brände alte Bausubstanz. Weitere Häuser wurden im 20. Jahrhundert abgerissen. Das älteste erhaltene Gebäude ist das barocke Wohnhaus Nr. 18, das vermutlich im 17. Jahrhundert errichtet wurde.

An der Stelle des Brunnens und der Kastanie lag früher ein Feuerlöschteich (Wede, Weete). Ein zweiter am unteren Ende der Straße wurde als Pferdeschwemme benutzt.

Vielleicht lag hier auch die Badestube, deren Einkünfte 1391 nach einer Verlautbarung des Ingelheimer Reichsgerichtes zwischen den beiden Erbauern Henne Andrees und Henne Bassenheimer hälftig aufgeteilt wurden (Krämer Regesten 1919 Nr. 605 vom 4.3.1391).


Am 2. Februar 1905 nun wurde im oberen Knick der "Uffhub" eine Kastanie gepflanzt, anstelle eines Vorgängerbaumes, der vom Blitz getroffen worden war. Der neue Baum wurde vom hessischen Oberamtsrichter Müller gestiftet und "Ernst-Eleonoren-Baum" genannt, nach Großherzog Ernst-Ludwig und seiner am 2. Februar mit ihm verheirateten zweiten Gattin Eleonore von Solms-Hohensolms-Lich.

Bei dieser Gelegenheit war auch die Umbenennung der Aufhofstraße nach Ernst und Eleonore angeregt worden, was aber nicht geschah (Zeitungsmeldung im Rheinhessischen Beobachter vom 4.2.05).

Heinrich A. Herbert, selbst ein "Uffhuer", hat der Straße und dem Baum ein eigenes Kapitel in seinem "Ingelheimer Lesebuch" gewidmet (S. 299 ff.). Er berichtet darin von Erzählungen alter Ober-Ingelheimer, dass beim Pflanzen dieses Baumes auch eine eiserne Kassette der Schlosserei Barth mit Stiftungsurkunde und drei Flaschen Wein im Boden vergraben worden sei. Trotz eines erneuten Blitzeinschlages hat dieser Baum sich - nun über hundert Jahre alt - zu einem prächtigen Exemplar seiner Gattung entwickelt.

In seinem Schatten trafen sich die Uffhuer, und hier fanden im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts jeweils am letzten Juni-Sonntag ihre Uffhubfeste statt. In den Jahren 1996/98 wurde ein schöner Fließbrunnen (auf dem Foto rechts hinter dem Baumstamm) in überwiegender Eigenarbeit von Uffhub-Anwohnern geschaffen.

 

Gs, erstmals 09.06.07; Stand: 29.04.23