Autor: Hartmut Geißler
aus:
Vey, Rheinhessische,
Diehl, Chronik,
und Ingelheim 74
Seit 1890 wurde in Nieder-Ingelheim ein Gaswerk errichtet, dem auch bald die Wasser- und Elektrizitätsversorgung angefügt wurden. Auf dem jetzigen Werksgelände ließ die Gemeinde mit "energiepolitischem Weitblick durch die Stettiner Chamotte-Fabrik, vorm. Didier, eine Gasanstalt errichten, um Nieder-Ingelheim und die Nachbargemeinde Gau-Algesheim mit eigenerzeugtem Steinkohlengas als Licht- und Wärmespender zu versorgen. 1904 erwarb sie die gesamten Gasversorgungsanlagen zu einem Kaufpreis von 275.000,- Mark und erweiterte die Gasversorgung 1906 auf die Gemeinde Heidesheim und 1928 auf die frühere Gemeinde Frei-Weinheim. Im Jahre 1914 kam es zum Abschluß eines ersten Stromlieferungsvertrages mit der Stadt Mainz." - (Ingelheim 74, S.51)
Am 16.01.1900 wurde ein neu erbautes Wasserwerk der Gemeinde Nieder-Ingelheim übergeben.
Auch in Ober-Ingelheim wurde 1900/1901 eine eigene Wasserversorgung aufgebaut. Doch am 11. Oktober 1905 schlossen sich aufgrund einer Landesverordnung 23 Gemeinden zu einem gemeinsamen Wasserversorgungsverband des "Selz-Wiesbach-Gebietes" zusammen, das hauptsächlich Wasser von Guntersblum aus erhielt.
In Nieder-Ingelheim wurde zusätzlich das Gruppen-Wasserwerk gebaut, das Ingelheimer Uferfiltratwasser in das Verbundnetz pumpt. Denn vom Hochbehälter in Wintersheim aus ist auch das Ingelheimer Netz über dem Hochbbehälter unterhalb des Bismarckturmes nach wie vor an dieses Verbundsystem angeschlossen.
Das erste Elektrizitätswerk von Ober-Ingelheim stand an der Ecke Gärtnerstraße/ Untere Froschau, gebaut von Friedrich Wilhelm Freund (heute schön restauriert (oberes Bild). Es war in Betrieb von 1894 bis 1906, bis ein neues größeres hinter dem Uffhubtorgebaut wurde, das von zwei Dieselmotoren angetrieben wurde (unteres Bild).
Zwischenzeitlich hatte der Bauunternehmer Nichtern "eine eigene elektrische Anlage erstellt, die einstweilen seine Wohn- und die Fabrikräume des Sägewerks mit elektrischem Licht versieht. Die Elektrizität wird zum Tei durch überschüssige Kraft der vorhandenen Betriebsdampfmaschine erzeugt. Der Erzeuger beabsichtigt Strom auch an andere Häuserkomplexe abzugeben. Der Preis soll 50 Pf. pro kw-Std. nicht überschreiten." (Diehl, Chronik, zum 20.01.1903)
Nachdem im Jahr 1905 das neue Elektrizitätswerk ans Netz gegangen war, wurde das Gebäude nicht mehr zur Stromerzeugung genutzt und aus dem Besitz der Wiesbadener "Mittelrheinischen Elektrizitätswerke G.m.b.H." an einen neuen Besitzer versteigert (RhhB 9.3.1907).
Zeittafel zur Entstehung einer industriellen Infrastruktur für Wasser, Gas und Elektrizität in Ingelheim
aus: Vey, 50 Jahre "Rheinhessische", S. 14/15
Wasser | Gas | Elektrizität |
1811: Errichtung des Marktbrunnens in Ober-Ingelheim | ||
1870: Wasserliefervertrag Nieder-Ingelheim mit Dr. v. Erlanger | ||
1890/91: NI mit seiner Industrie bekommt eine private Gasanstalt der Stettiner "Chamottefabrik" auf dem heutigen Geländer der "Rheinhessischen" und versorgte auch Gau-Algesheim | ||
1895: 1. Elektr.-Werk in OI durch F. W. Freund, Gärtnergasse | ||
1898/1900: NI errichtet ein Gemeinde-Wasserwerk an Carolinenhöhe und Rabenkopf | ||
1901: OI bekommt eine Wasserversorgungsanlage (mit Hochbehälter am Burgweg) | 1900: Fa. Bopp erzeugt Strom für sich und für Frei-Weinheim | |
1904: Übernahme des Gas- Werkes durch die Gemeinde NI | ||
1905: 2. E-Werk in OI am Hesselweg und elektr. Straßenbeleuchtung in OI | ||
1914: Stromliefervertrag mit Mainz für NI und OI | ||
1906: Wasserwerk Badweg des Wasserversorgungsverbundes "Selz-Wiesbach" (Wörrstadt) | 1906: Anschluss von Heidesheim an das Gasnetz von NI | |
| 1914: Strom aus Mainz für NI und OI | |
1921-31: erste Brunnen am Hammelacker NI | 1920: Fa. Bopp FW bezieht Strom aus Mainz | |
1923: Benzolherstellung | ||
1928: Frei-Weinheim wird mit Wasser, Gas und Strom aus NI beliefert | ||
1928: Wäschbachteich in NI wird beseitigt | ||
1930: Anschluss des Netzes von OI an das von NI | 1930: Lieferung von Gas aus NI nach OI | |
1. April 1939: Nach der Vereinigung zur Stadt werden gemeinsame "Stadtwerke" für die drei bisherigen Gemeinden errichtet, die Vorstufe der heutigen "Rheinhessischen" |
Das Telefonnetz von Ober- und Nieder-Ingelheim sowie von Frei-Weinheim umfasste 1901 insgesamt 32 Teilnehmer (Ingelheimer Anzeiger 8.8.1901). Obwohl es in den verschiedenen Orten des heutigen Ingelheim eigene Postämter gab, war die (manuelle) Telefonvermittlung im Postgebäude von Nieder-Ingelheim (Binger Straße 45) untergebracht.