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Die Chemische Fabrik Frei-Weinheim, genannt "Bleiweiß"

 

Autor: Hartmut Geißler
nach Henn, Industrie-Entwicklung

und nach eigenen Forschungen zur Portland-Cementfabrik von 2021


Die "Chemische Fabrik Frei-Weinheim", spezialisiert auf Bleiweiß-, Farben- und Weißlackproduktion, wurde1899 von den Herren Dr. Hermann Bopp (aus Stuttgart) und dem Kaufmann Jacob Odernheimer (aus Ober-Ingelheim, vorher Direktor der Portland-Cementfabrik Carl Krebs) gegründet und beschäftigte bis zu 150 Personen. Die von der Bevölkerung kurz "Bleiweiß" genannte Fabrik lag auf der östlichen Seite der Rheinstraße in Frei-Weinheimer Gemarkung, von den Arbeitern aus den kinderreichen Familien Frei-Weinheims gut zu Fuß erreichbar und nicht weit vom neu gebauten Hafen sowie von der Selztalbahn entfernt.

Während des Ersten Weltkrieges produzierte sie auch Munition, wurde während der Weltwirtschaftskrise von den Farbwerken Düsseldorf übernommen, die die Bleifarbenproduktion fortsetzte, während in Ingelheim Aktivkohle produziert wurde. Im Zweiten Weltkrieg musste erneut Rüstungsbedarf (Gasmaskenkohle, Munitionsbestandteile) produziert werden.1945 wurde sie deshalb von den Besatzungsmächten demontiert. Dr. Hermann Bopp wurde Händler für Chemikalien, Drogen und weiteres (nach Engelen S. 386).

Im Jahre 1923 wurde er mit seiner Familie ebenso wie die von Albert Boehringer von der französischen Besatzungsmacht ausgewiesen.

Über Jahre hinweg musste ihr von Blei kontaminiertes Gelände saniert werden, bevor es in den Jahren 2008/09 mit einem großen Bürogebäude überbaut werden konnte (Rheinstraße 194). 

Die Ingelheimer Chronik zitiert einen Zeitungsbericht über ihre Stromerzeugung, die auch den Einwohnern von Frei-Weinheim zugutekam ("Kraftabgabe"): 

31. Mai 1900 - F.-W. Die von der Firma "Chemische Fabrik Frei-Weinheim" (Dr. Bopp & Odernheimer) ausgeführte elektrische Anlage zu Lichtzwecken und Kraftabgabe ist nun vollendet und bereits in Betrieb gesetzt. Die in den Geschäftsbetrieben der Meister Kern und Krück aufgestellten Motore, welche bereits einige Tage in Tätigkeit sind, funktionieren ganz vorzüglich; auch die gestern abend vorgenommene Probe der Straßenbeleuchtung fiel zum Besten aus und machte der ausführenden Firma alle Ehre. 
 


Da auf dem Postkartenfoto der Turm der Gustav-Adolf-Kirche weiter hinten noch nicht zu sehen ist, kann man davon ausgehen, dass die Aufnahme aus der Zeit vor 1910 stammt.

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Gs, erstmals: 20.02.07; Stand: 07.11.21