Sie sind hier:   Von der Stauferzeit bis zur Mitte des 14. Jh. > Reiseweg Bingen-Alzey-Worms

Die Rheinhessen-Route über Alzey


Autor und Fotos: Hartmut Geißler


Zwei alternative Zugwege gab es für die über Land reisenden Könige, Heere, Kaufleute und Pilger von Bingen nach Worms (und umgekehrt):

1. entweder am Rheinknie entlang über Mainz (ca. 84 km)
2. oder direkt unter Umgehung von Ingelheim, Mainz und Oppenheim etwa entlang der Route der heutigen Autobahn in einem uralten Rheinbett über Alzey (ca. 63 km, also ca. 21 km kürzer).

Wenn man von einer Tagesleistung ziehender Heere von ca. 30 km ausgeht, dann war die Strecke über Alzey in zwei Tagen zu schaffen, mit Übernachtung in Alzey, während man für die Route über Mainz wohl drei Tage einkalkulieren musste. Auch die Treidelpferde, die Schiffe von Bingen nach Worms gezogen hatten, wurden von Worms zurück weitab vom Rhein über Alzey geführt, mit Station in Flonheim.

Zu diesem Zeitvorteil kam der Umstand, dass einige Teile der Rheinstraße zwischen Mainz und Oppenheim bei hohem Wasserstand des Rheines oft wochenlang überschwemmt und daher kaum benutzbar waren. (Hesse 1835, S. 171)

Besonders deutlich wird der Vorteil dieser direkten Rheinhessenroute auf einer Reliefkarte (aus der Theodor-Heuß-Grundschule in Ingelheim):


Friedrich Rauers, der sich 1907 mit den mittelalterlichen Reisewegen befasste, skizzierte diese Routen (siehe unten); er glaubte im Übrigen, dass Pilger aus Kostengründen lieber die gestrichelte Parallelstrecke über Odernheim benutzten, jedenfalls aber auch von Worms nach Bingen nicht über Mainz zogen (anders als diejenigen tschechischen Aachen-Pilger, die den Main herab über Mainz kamen).

Man muss jedoch festhalten, dass man für diesen Bereich des täglichen Lebens, der den Zeitgenossen so selbstverständlich war, vielfach auf Mutmaßungen angewiesen ist, denn die Chroniken oder Itinerare machen zu  dem damals Selbstverständlichen meist keine Angaben.

Die Feststellung von Brühl 1968, S. 162, dass "die Erforschung der Königsstraßen des hohen Mittelalters noch sehr im argen" liege, hat wohl leider bis heute ihre Gültigkeit.

Wenn Barbarossa auf seinen häufigen Zügen zwischen Worms und Bingen (falls nicht per Schiff secunda aqua = flussabwärts) normalerweise diese Rheinhessenroute, wie ich sie einmal nennen möchte, benutzt hat - Mainz hat er sowieso 19 Jahre lang gemieden -, dann ist er auch nicht durch Ingelheim gekommen.


Gs, erstmals: 01.01.12; Stand: 17.03.21