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Der Ingelheim Saal in den älteren Auflagen

 

Autor: Hartmut Geißler


Die ältere Abbildung für den Artikel über "Ingelheim" befindet sich z.B. in der Cosmographie von 1545 (ohne jede Beschriftung). Sie wurde anfangs auch für Mailand (!) verwendet.

Im Unterschied zu anderen schematischen Städtebildchen in derselben Cosmographieausgabe bemüht sich diese Abbildung, das Gebiet des Saals mit einigen herausragenden Gebäuden einigermaßen realistisch darstellen.

Zu sehen ist eine nur teilweise bebaute Innenfläche, ähnlich wie auf dem kleinen Bild des Saales auf der Rheingaukarte von 1573. Insofern bekommt diese Darstellung des Ingelheimer Saales mit einer großen Freifläche im Osten eine gewisse Glaubwürdigkeit. Sie bestand wohl vor allem im Bereich des karolingischen Halbkreisbaues, der längst verschwunden und vergessen war. Die Auswertung des Nieder-Ingelheimer Haderbuches von 1521-1530 hat allerdings ergeben, dass es wahrscheinlich einige Häuser mehr im Saal gegeben hat.

Umgeben ist der Saal von einer Wehrmauer mit Zinnen ist, mit regelmäßigen Stützmauern (falsch). In die Wehrmauer sind drei (oder vier?) Türme eingefügt: rechts vorn ein sehr dicker Wehrturm mit Schießscharten und Zinnen (der "Bolander", wie er in späteren Abbildungen beschriftet wurde), ein ähnlicher rechts hinten und ein schlankerer, höherer vorne links (Nordwesten). Dieser Turm könnte dem "Herzogsturm" von Engelhart bzw. dem "Pulverturm" des Planes des Braubacher Burgenarchivs (Mitte des 17. Jhs.) entsprechen.

Links vom Eingangstor ist eine Art Halbturm mit einem Spitzdach an die Mauer gebaut (ein Halbturm der mittelalterlichen Wehrarchitektur oder Teil des Umbaus der Aula Regia unter den Augustinerchorherren unter Karl IV.?). Von Resten einer vorgelagerten Zwingermauer, die es aber ein Jahrhundert später noch gab (s. Engelharts Beschreibung), ist nichts zu sehen.

Von den Gebäuden im Inneren ist unschwer eine Kirche mit einem Dachreitertürmchen zu erkennen (oder soll es eines der beiden Chorflankentürme der staufischen Saalkirche sein?), davor ein langgestrecktes Gebäude und links neben dem hohen Mauerturm ein mehrstöckiges Haus.

Die Wehrmauer ist zum Betrachter hin durch Doppelarkadenfenster unterbrochen. Ihre Stützmauern hat es so nicht gegeben. Über einen Graben führt eine Bohlenbrücke durch das Tor (mit Pechnase) in das Innere. Seit der Auflage 1550 wurde eine überarbeitete Abbildung verwendet.


Gs, erstmals 26.08.06; Stand: 22.12.20